Steppenwolf – Wild und solidarisch

Quelle: steppenwolf-berlin.de

Habe Gravelbike suche Abenteuer!

Abhilfe könnten hier die Touren bzw. Rennen von Steppenwolf schaffen.

Ein nachhaltiger, wilder Radsport von unten. Offen für alle und kein Spielzeug der Reichen. Einer der für Solidarität statt Ellbogengesellschaft steht. Dafür fahren wir beim Steppenwolf.“ – Also ganz ohne Sponsoren, Bühne und Showlaufen.

Offen für alle und ohne Wettberwerbsdruck. Ob allein oder in Gruppe, das Tempo ist selbstbestimmt.

Ertüfftelt werden Routen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade. Rennen über mehrere Tage oder Eintagsrennen durch geröllige anspruchsvolle Steppen oder „gemütlichere“ mit mehr Asphalt.

Denn die: „..unkommerzielle selfsupported bikepacking Challenge quer durchs Gelände von Berlin nach Usedom und zurück.“ soll vor allem Spaß bringen, allen zugänglich und nachhaltig sein. Deshalb gehört es u.a. auch zum Codex des Steppenwolfs, An- und Abreise mit dem Flugzeug ist tabu.

Unterschieden wird durch „Wildtrack“ und „Shorttrack„. Angepasst sind dabei Geländeeigenschaften, Dauer und wie insgesamt anspruchsvoll die Strecken sind. Damit kommen auch Einsteiger*innen oder Gelegenheitstourende auf ihren Spaß und ins Ziel. An gemeinsame Zwischenstops sind gemütliche Treffen und Austausch am Lagerfeuer möglich.

Quelle: steppenwolf-berlin.de

Alle Arten von Fahrrädern sind willkommen. Allerdings würde ich den abenteuerlichen Beschreibungen der Steppenwolfteilnehmer*innen nach, von niedlichen Klapprädern oder stolzen Hollandrädern eher abraten.

Besonderen Wert legt die Community darauf Flinta* (Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen) mit dabei zu haben. Da die Plätze unglaublich schnell ausgebucht sind, haben Flinta* deshalb bei der Anmeldung vorrang. Das erste Zeitfenster ist nur für sie reserviert.

Steppenwolf kann mittlerweile auf einigen gefahrener Kilometer und facettenreichen Erlebnissen zurückblicken. So hat sich ein Codex der Abläufe und des sozialen Miteinanders entwickelt.
Traditionell sind die Routen und Charakter der Steppenwolf-Tracks: „Er ist kein klassisches Radrennen sondern eine wilde Fahrt zwischen Metropole und Meer, die alle fordert.

Aktuell startet am 19. November der kleine Steppenwolf Berlin-Angermünde-Berlin. (Alle Plätze sind schon ausgebucht)
Es ist die Wiederbelebung eines Radklassikers: „Eine Challenge auf Asphalt, Schotter, Kopfsteinpflaster und Plattenwegen.. ein wilder Ritt über historische Wege.. & Eine Homage an die vergangenen Held:innen auf zwei Rädern über 140 km oder 200 km.“

Besonders neugierig bin ich auf den Erlebnsibericht meiner Kollegin falls sie mitfährt.

Interessierte die kein Schotterpisten-Plätzchen zum Meer ergattern konnten, können sich auf 2023 freuen. Dann startet am 11. Mai die dritte Austragung des Steppenwolfs in der „#NoBorder-Version“:

„Unendliche Seeufer, die Hänge an der Oder und die Ostseeküste Usedoms und Wollins.“

Es geht über die polnische Seite der Oder bis hoch zur Ostsee.

Start Anmeldung für FLINTA*: 01. Januar 2023
Start Anmeldung offen für alle: ab 04. Januar 2023

Folgen könnt ihr Steppenwolf vor allem auch über Instagram.

Links abbiegen am Lützowplatz

Ein Freund machte mich, irritiert von der Verkehrsführung auf der Kreuzung am Lützowplatz aufmerksam, die er als linksabbiegender Fahrradfahrer befuhr und sich sehr unbehaglich dabei fühlte.

Es fängt damit an das Fahrradfahrer*innen erst ca. drei Meter vorfahren müssen um auf den Ampelknopf für Fußgänger*innen zu drücken, um sich dann wieder umständlich zur Startposition des Fahrradweges ohne Ampelknopf zurück zu manövrieren. Oder vielleicht soll das per Zuruf: „Ey wenn du schon da stehst, drück doch mal!“ an den Fußverkehr (falls vorhanden) geschehen?

Die meisten Radfahrer*innen fahren dann geradeaus weiter. Doch es gibt auch eine Spur links rum.
Straßenverkehrstechnisch scheint es durchaus vorgesehen zu sein, das Fahrradfahrende diese Abbiegemöglichkeit nutzen können.

Offenbar wurde bei dieser Verkehrsplanung aber nicht fest damit gerechnet, das es wagemutige Radler*innen gibt die das tatasächlich auch tun. Eine wahnwitzige 4-spurige Straße ist stressig genug. Nun auch noch lebensmüde sein zu müssen um mit dem Fahrrad abzubiegen, setzt nicht nur eins drauf, es stellt sich die Frage ob es von der Straßenverkehrsplanung irgendwie falsch ist? Ampel für den Fahrradverkehr vergessen?

Links abbiegende dann geradeaus fahrende Autos und links abbiegende Radler*innen haben gleichzeitig grün. Den Straßenverkehrsregeln nach müssen Autos die Fahrradfahrer*innen erst vorbei lassen. Jedenfalls sieht’s so aus.

Doch ob der Autoverkehr einer vierspurigen Rennstrecke, mit zeitlich begrenzter Ampelphase die den abbiegenden Fahrradweg kreuzt, das auch tut oder diesen eher behindert und abdrängt oder gar über’n Haufen fährt, scheint eher eine Wette zu sein. Ich zumindest hätte da wenig Bock drauf.

Hindernisse auf dem Weg zur Arbeit

Die Schicht steht an, los gehts. Den letzten Schluck Kaffee, Fahrrad geschnappt runter die Treppen, rauf auf die Straße. Erfreulicherweise gibt’s seit geraumer Zeit einen Fahrradweg ab meiner Tür.

Trotzdem! Ich kenne die Stellen und Tücken die auf mich warten.

Kurz vor der harten Kante, von einem zum anderen Bauabschnitt mit plötzlicher Verengung der Fahrbahn, gehe ich in den Wiegetritt um den Schlag in Hintern, Wirbelsäule und Fahrrad abzumildern.

Vor mir eine Fahrradfahrrerin, die plötzlich anhält und sich nicht traut weiter zu fahren, erst die Autos vorbei lassen will. Damit wird der Verkehr aufgehalten, doch ich verstehe sie. Ich passe mich langsam radelnd dem Geschehen an und warte ab.

Und ausgerechnet an dieser engen Stelle, bei der ich nicht ausweichen kann, liegen zudem wie immer haufenweise Scherben vom Wochenende. Ich flehe die diensthabenden Schutzheiligen an und rede meinen Reifen gut zu, das sie diese Attacke bitte überstehen mögen. Ich verrate nicht, das noch weitere folgen werden..

Geschickte Slaloms um die parkenden, bzw. haltenden Autos die sich über den Platz des Fahrradweges freuen, erfordern als nächstes meine Konzentration. Und natürlich haben es die Autos hinter mir sehr eilig.

An der nächsten Einfahrt auf die ebenso fette Straße, stieren Fußgänger gebannt auf die Ampel, die Sekunden bis zum grün, scheinen ihnen zu lang, nichts und niemanden nehmen sie in ihrer Paralyse wahr und stehen schon zwei Fuß breit auf der Fahrbahn, mit drohenden dritten, der Kinderwagen komplett.

Ich schleiche mich vorsichtig vorbei, Menschen in ihrem Wachschlaf zu erschrecken ist gefährlich.

Weiter radelnd, wird der Fahrradweg von Polizeiwagen haltenden und herumalbernden Einsatzkräften, von Corona Test Bussen, schwankenden Junkies, auf Handy und zum Boden, sowie rückwärts guckenden Fußgängern und herum hüpfenden Kindern bevölkert.

Herausfordernd auch, die sich in- und aus PKW schälenden Leute, die weder auf Verkehr noch sonst irgendjemanden achten und sich beim Klang einer Fahrradklingel zu Tode erschrecken, was wiederum mich erschreckt.

Die höhere Gewalt eines Vogelschisses, bestimmt eines Seeadlers, den ich wie in Zeitlupe aus dem Augenwinkel auf mich zukommen sehe, mich zum Glück aber doch knapp verfehlt, runden das Erlebnis ab.

Alles das, versuche ich bis zur rettenden Ankunft ins Gleichgewicht zu bringen, ohne mich und anderen zu schaden. Locker und stressfrei ist das nicht gerade.

Quelle: Pixabay.com

Immerhin, trotz Widrigkeiten ist es einigermaßen übersichtlich und ich muss keine großen Kreuzungen und Straßen befahren bei denen der Fahrradverker zum Teil offenbar nicht vorgesehen ist, so wie bei anderen Kollegen.

Radschnellverbindungen

Herrlich wäre es, Radwegenetze würden schnell gebaut werden, so das z.b. meine Generation auch noch in den Genuss davon käme. Und das „Schnell..“ bei den Radschnellwegen steht auch nicht für rasantes Radfahren. Nein, es heißt schnell auf direkten Wegen relevante Ziele von A nach B erreichen zu können.

Sie sollen möglichst kreuzungsfrei verlaufen und dem Radverkehr zügige, komfortable und sichere Verbindungen schaffen auch über größere Entfernungen hinweg ohne vom Autoverkehr gefährdet zu werden oder Fußgänger zu behindern.

Quelle: Zeichen_350.1_-_Radschnellweg;_StVO_2020.svg Autor Mediatus

Nach dem 2018 beschlossenen Berliner Mobilitätsgesetz sollen in Berlin „…Radschnellverbindungen mit einer Gesamtlänge von mindestens hundert Kilometern gebaut werden. Geplant sind zunächst zehn Radschnellverbindungen.“

Neun von zehn Strecken wurden durch Machbarkeitstudien freigegeben. Davon befinden sich derweil sieben Routen in der Vorplanung. Das ganze Planungsprozedere sind langwierige, langjährige und mehrstufige Prozesse, die sehr viel Geld und Zeit kosten. Ca. 6,4 Millionen Euro für Machbarkeitsstudien und einige Jahre bis zum tatsächlichen Baustart.

Nach den Machbarkeitsuntersuchungen und den Vorplanungen, folgen die Planfeststellungsverfahren die im Schnitt zwei Jahre dauern. Und damit ist noch lange kein Spatenhieb getan!
„Von der ersten Planung bis zur Fertigstellung vergehen also pro Trasse rund acht Jahre.“

Dann muss auch noch die Politik mitspielen
Für die in Brandenburg geplanten Radschnellwege beispielsweise, 16 mögliche Routen wurden genannt, fehlen noch die im Haushaltsentwurf 2023/24 dafür notwendigen Mittel. So werden die geplanten 20% von 11 bis 2030 um den Radverkehrsanteil landesweit zu steigern eher nicht geschafft. Dabei gibt das Mobilitätsgesetz eindeutig verbindliche Richtlinien vor, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Beklagt werden auch immer wieder unmotivierte und sich quer stellende Verantwortliche in der Politik in den Verwaltungen und sonstigen zuständigen Behörden.

Für Fahrradwege gilt – Machbarkeitsstudien – haben offenbar nicht immer etwas mit – Machen – zu tun. Eher das Gegenteil? Gezielte Ausbremsung – systematische Bevorzugung der Automobilindustrie und ihrer Straßen durch das Auto-Wirtschaftsland Deutschland?

Mit einem Baubeginn des West-Teils wird nicht vor 2026 gerechnet. Die Ost-Route evtl. ein Jahr später.

Übersicht RSV Stand August 2022/ InfraVelo

Übersicht und Infos
Von InfraVelo eine Tochtergesellschaft von GrünBerlin, die mit den Planungen, Entwürfen und Umsetzung der Radschnellverbindungen in Berlin beauftragt wurde, gab es am 22.06.2022 eine live übertragene Infoveranstaltung mit Bürgerbeteiligung.

Auf der Internetplattform von InfraVelo kann sich detailliert über die jeweiligen Prozesse der geplanten bzw. fertig gestellten Bauprojekte und ihrer Kostenaufstellungen informiert werden. Auch wird ausdrücklich dazu aufgemuntert sich zu beteiligen in Form von Fragen, Hinweisen, Kritik und Diskussionsbereitschaft.

Hier die einzelnen Routen etwas übersichtlicher zum anklicken von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz.

Quelle: California_Cycleway_1900/ Wikipedia

Der erste Radschnellweg
war der California Cycleway in Pasadena nach Los Angeles und wurde 1900 eröffnet. Er war aus Holz und bot 4 Radfahrenden im Längsverkehr Platz und wurde bei Dunkelheit beleuchtet.

Aktuell werden in den USA Radschnellverbindungen mit großem Engagement vorran getrieben.
Der River Bikeway in Los Angeles von Long Beach am Pazifik führt derzeit mit 47km fast zur Downtown von Los Angeles und nördlich von dieser bis nach Burbank. Der Radschnellweg soll nach dem Fertigbau 82 Kilometer lang sein. Darüber hinaus gibt es weitere Routen.

Auf der Strecke nach Burbank ist die Fahrradmitnahme in der Metro kostenlos um die großen Distanzen unkomplizierter überwinden zu können.
Die Radschnell- und Radwege sind auf das Metro-Netz abgestimmt und es gibt hierzu einen Radwege-Metro-Plan.

Und es sollen weitere Kilometer Radschnellverbindungen hinzu kommen.

In den Niederlanden gibt es vollständig ausgebaute Netze von Radschnellwegen bereits seit den 80gern. Auch in anderen Ländern wurden Radschnellwege schon früher erprobt und umgesetzt.
Von der Sache her also nix neues.

Über 100 Jahre später muss noch aufwendig untersucht werden ob, wie gut und teuer sich Radverkehrsanlagen mit Mensch, Stadt und Land vertragen, während Straßen und Autobahnen parallel dazu zügig weiter gebaut werden.

Der erste Radschnellweg in Deutschland übrigens, ist der 2015 fertig gestellte in Göttingen. Die Strecke ist 4 km lang und verbindet den Göttinger Hbf mit dem Nordcampus der Georg-August-Universität.

Hier ein Auszug internationaler Beispiele.

„Highway to Hell“
Wie sieht es mit Machbarkeitstudien beispielsweise zur A100 aus?

In diesem Umfang habe ich im Vergleich zu den Radschnellverbindungen nur über einen bestimmten Bauabschnitt etwas dazu lesen können. Es geht um die Verlagerung eines Teilabschnittes der Autobahn unter die Erde.

NaturFreunde Berlin meinen dazu:
„Durch die Überdeckelung nehmen die Gesamtemissionen des Verkehrs in keiner Weise ab, sie werden nur durch ein Röhrensystem neu verteilt. Auch lösen solche technischen Überlegungen nicht das Problem, dass die hohen Verkehrsströme irgendwann aus den überdeckelten Bereichen herauskommen und dann in die Straßen hineindrängen.“

„Milliardenschwere Investitionen in die Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs unter die Erde sind für eine solche ökologische und soziale Verkehrswende der falsche Weg.“

Generell sehen „Machbarkeitsstudien“ für den schnellen Weiterbau und die Förderung für den Autoverkehr erfahrungsgemäß eher so aus:

  • Wohnhäuser, Straßen, Geschäfte müssen weichen und abgerissen werden – Wird gemacht!
  • Langjährige soziale Strukturen futsch, Menschen müssen gehen – Wird gemacht!
  • Biotope, Wälder, Parks, Wasserschutzgebiete müssen niedergewalzt werden – Wird gemacht!
  • Natur & Mensch krank und wahnsinnig machen durch anhaltenden Dauerlärm, Feinstaub und Mikroplastik durch den Reifenabrieb – Wird gemacht!
  • Es wird ohne Ende Geld dafür ausgeschüttet – Wird gemacht!
  • Proteste und wissenschaftliche Gegenargumentationen werden ausgedrückt wie eine Kippe – Wird gemacht!

Gegen die A100 wenden sich jedenfalls auch immer mehr Politiker*innen und schlagen beispielsweise stattdessen sozialen Wohnungsbau anstelle der Autobahntrasse vor:

„Wir sollten das Zeitalter des Stadtautobahnbaus beenden und das Zeitalter des Stadtautobahnrückbaus einleiten“, so die Abgeordnete. Noch vor fünf Jahren sei sie dem Wolkenkuckucksheim zugerechnet worden, wenn sie ein Ende des Autobahnbaus forderte, erinnert sich Katalin Gennburg. Doch sie sei weiterhin zuversichtlich, dass ein Baustopp möglich sei. „Jetzt erst recht.“

„Bei einer mit Friedrichshain-Kreuzberg vergleichbaren Bevölkerungsdichte könnten dort 18 Hochhäuser mit 8800 Wohnungen für 22 000 Menschen errichtet werden. Wäre der Kiez autofrei, gäbe es außerdem genug Platz für Grünflächen, Spiel- und Sportplätze sowie Fahrradstraßen. “

Ob es nur bei netten Phrasen bleibt um was gutes zur Beruhigung und dem eigenen politischen Ansehen zu sagen, wird sich zeigen. Gestoppt wurde der Wahnsinn der A100 jedenfalls nach wie vor nicht und die regelmäßig stattfindende IAA feiert weiter freie Fahrt für das Auto!

Wohnen statt Autobahn

Hier – eine Machbarkeitsstudie schon von 2017 – wo der Mensch und nicht das Auto im Mittelpunkt steht. Sie zeigt realistische Beispiele wie die frei gewordenen Flächen nach dem Rückbau der A100 genutzt werden können.

Laut Machbarkeitsstudie und Potenzialanalyse für Postautobahn-Wohnungsbau des ium-Instituts für Urbane Mobilität (Veröffentlicht 21.06.2017), „können ca. 8.800 zusätzliche, zentrale und bezahlbare Wohnungen für 22.000 Menschen auf der geplanten A100-Trasse entstehen.“

Zurück zu den Radschnellwegen

Da es in Deutschland also noch eine ganze Weile dauern wird, hier ein Video zum visuellen mitfahren an einem Beispiel in den Niederlanden.

Mit Tilda Swinton auf dem Mauerweg

Schon mal auf dem Mauerweg unterwegs gewesen? Der Berliner Mauerweg ist ein etwa 160 Kilometer langer Rad- und Fußwanderweg in Berlin und Brandenburg. Er folgt weitgehend dem früheren Verlauf der Berliner Mauer um West-Berlin. Überwiegend verläuft er auf dem früheren Postenweg der Grenztruppen der DDR. An der Grenze zwischen dem ehemaligen Westberlin und den ostberliner Bezirken führt er mitten durch das Zentrum von Berlin. Dort, wo der Mauerweg die Grenze zum Bundesland Brandenburg bildet, fühlt man sich manchmal ganz weit weg vom städtischen Treiben. Den Mauerweg kann man problemlos in mehreren Etappen befahren. Wann immer man die Lust am Radfahren verliert, ist die nächste S-Bahnstation nicht weit, die einen zurück in die City Berlins bringt.

Im Jahre 1988 setzt sich die schottische Schauspielerin Tilda Swinton aufs Rad und fährt den Mauerweg mit ihrer Freundin und Filmemacherin Cynthia Beatt ab. Damals steht die Mauer noch, genau genommen fährt Swinton also auf Westberliner Gebiet immer an der Mauer entlang, bis sie wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurückkehrt. Der daraus entstandene 27 Minuten lange Kurzfilm „Cycling the Frame“ zeigt immer wieder die auf Westberliner Seite Graffitti-übersähte Mauer mit ihren bizarren Botschaften. Wenn die Kamera einen Blick über die Mauer wirft, zeigt sie menschenleere Landschaften, Wachtürme und vereinzelt stoisch ihren Wehrdienst verrichtende Soldaten der Nationalen Volksarmee NVA. Richtet sich der Blick der Kamera auf das Leben der Menschen in Westberlin, dann wird die Mauer konsequent ignoriert, als befände sich Westberlin auf einer Insel im Meer, von der die Menschen das Wasser um sie herum nicht mehr wahrnehmen. Swinton kommentiert ihre Gedanken/Gefühle bei ihrer Radfahrt recht sparsam aus dem Off.

Cycling the Frame
Ein Film von Cynthia Beatt
Mit Tilda Swinton
Sound Wall: Simon Turner

2009, zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer, fährt Tilda Swinton erneut den Mauerweg ab. Auch aus dieser Fahrradtour ist ein Film von Cynthia Beatt entstanden. Im YouTube-Video „Parallel Scenes“ sind die beiden Filme teilweise nebeneinander gelegt, sodass man die Veränderungen zwischen 1988 und 2009 erkennt.

Parallel Scenes 1988/2009 – CYCLING THE FRAME und THE INVISIBLE FRAME von Cynthia Beatt

Der Mauerweg auf den Seiten des Berliner Senats

Fietsenbörse auf dem Winterfeldplatz

Gesetzt den Fall, du hast 1955 oder in den 70ern dein Fahrrad verloren, während du z.B. mit Spionageangelegenheiten betraut, in der Hecke hockend mit Minifernglas die Zielperson im Auge behieltest. Hast alle geheimen Notizen und Aufträge sorgfältig eingerollt im Sattelrohr versteckt und brauchst diese jetzt für deine Rentenunterlagen.

Oder du hast 1990, sicher vor den Augen deiner Eltern und Geschwister Liebesbriefe die du dich nicht trautest abzuschicken, umständlich in den Lenker, des später verschollenen Fahrrades gefummelt und willst sie jetzt endlich übergeben. Es ist nie zu spät!

Vielleicht willst du aber auch genau das selbe Fahrrad wieder haben mit dem du als Kind so viel Spaß hattest und Erinnerungen aufleben lassen.

Oder du legst Wert auf Nachhaltigkeit. Das schöne an Fahrrädern ist, sie sind in der Regel sehr lange haltbar und müssen nur wieder fit gemacht werden.

Oder du brauchst ein Fahrrad und hast nicht genug Knete.

Wie auch immer deine Gründe aussehen mögen, vielleicht findest du ja dort bei Kaffe und Croissant dein Spionagerad samt Geheimnotizen oder deine Liebesbriefe wieder oder aber einfach ein günstiges Zweirad für den Alltag.

Ein besonderer Fahrrad Trödelmarkt, ist die 2016 ins Leben gerufene Fietsenbörse.

Dort können gebrauchte und technisch fit gemachte Räder erstanden werden die nicht die Welt kosten und Händler können ihre Räder hierzu in Obhut geben.

Diese geben ihre Räder ab und lassen sie für sich verkaufen. Am Ende (15 Uhr) holen sie ihr Geld ab und ggfs. ihre nicht verkauften Fahrräder.

Unabhängige Spezialisten beraten zu Preisen, Modellen und Technik.

Auch Probefahrten können gemacht werden. Außerdem berät die Fietsenbörse ausgiebig zu Angelegenheiten wie die richtige Helmauswahl, Verträge, Diebstahl und wie man Schläuche flickt.

Quelle: Fietsenbörse

Die Betreiber der Fietsenbörse argumentieren, alle auf’s Rad bringen zu wollen, auch die die sich kein hochpreisiges leisten können. Gut für die Gesundheit, für’s Klima, und für mehr Lebensqualität in der Stadt!

Egal wie auch immer – hauptsache auf’s Rad! Außerdem ist das Fahrrad neben zu Fuß gehen, das günstigste Verkehrsmittel und macht Laune.

Nächster Termin in Berlin ist der 25. September 2022 auf dem Winterfeldplatz von 10 bis 15 Uhr.

Für Händler: Die Fahrradannahme läuft von 9 bis 11 Uhr.

Neben Berlin ist die Fietsenbörse auch in Hamburg, Münster Bremen, Osnabrück und Hannover anzutreffen.

Achtet auf die nächsten Termine. Bitte der verlinkten Seite entnehmen.

Rückeroberung der Straße – Wir entscheiden und gestalten!

Was wäre wenn…

statt der stinkenden Blechlawinen vor unseren Haustüren, in unseren Straßen plötzlich Blumen- und Tomatenkübel, Bäume, Stühle und Tische mit Kaffee und Tee zum verweilen, Fahrradständer, Hängematten und Schaukeln stehen? Platz da ist, für Bastel- und Schraubprojekte, ohne von rumrangierenden Karren und stressigen Motorenlärm bedrängt und eingedieselt zu werden? Bei frischer Luft gemütlich ein Buch lesen, sich mit anderen Leuten austauschen, sich unterstützen, unterhalten? Und was uns sonst noch einfällt. Einfach eine freie Fläche ohne alles ist auch schön.

Es gibt so viel was möglich ist, wenn wir genug Platz haben ohne von Autos platt gemacht und zugeparkt zu werden.

Wunschdenken in der Stadt? Denkste! Öffentlicher Raum ist für Menschen, Tier und Pflanzen da! Begegnungsmöglichkeiten die auf gemeinschaftlich organisierter Infrastruktur, vielfältigen sozialen Miteinander und kurzen Orga Wegen aufbaut sind möglich. Auch das bedeutet Verkehrswende und Klimawandel.

Wir verlieren nicht, wir können sehr viel dadurch gewinnen! Nutzen wir die Möglichkeiten und gestalten den öffentlichen Raum lebens- und menschengerecht.

Am 16. September 2022 startet wieder das globale Experiment „Parking Day“ (hier für Berlin). Z.B. Park Tickets kaufen (aber ohne Autos) und den frei gewordenen Raum für sich gestalten!

So machen wir auf die Verschwendung von öffentlichen Flächen für Autoparkplätze aufmerksam. Zeigen wieviel schöner und lebensgerechter diese Plätze genutzt werden können und um wieviel mehr Lebensqualität wir dadurch gewinnen.

Die Aktion findet jährlich seit 2005 weltweit statt an jedem 3. Freitag im September und ist in Deutschland Teil der europäischen Mobilitätswoche vom 16. – 22. September 2022.

Hier gibts den Leitfaden des VCD zum Parking Day. #parkingday

Quelle: VCD

Vorschläge für’s Wochenende und danach:

Falls ein fahrbereiter Zweirraduntersatz unterm Hintern fehlt und evtl. das nötige Kleingeld für ein Neues, dann am besten zuerst auf einen Fahrradtrödelmarkt eines oder gleich mehrere davon besorgen. Damit geht’s dann z.B. hin die Geschichte der Industrialisierung in Friedrichshain Kreuzberg mit einer geführten Fahrradtour des ADFC zu entdecken. Gibt auch noch andere Kieztouren. Einfach die entsprechenden Seiten des ADFC durchblättern.

Wer sich angesprochen fühlt und Bock hat, sich mit einer/m Gefährt*In auf’s Tandem zu schwingen und gemeinsam für Respekt, gegen Antisemitismus und gegen Muslimfeindlichkeit durch Berlin zu radeln, kann das mit der jüdisch – muslimischen Tandemtour am 4.9. tun. #ride2respect

Zu empfehlen wäre es vor allem auch Mitarbeiter*Innen der Verwaltungsbehörden. Eine Expertenkommission untersuchte 1 Jahr lang antimuslimischen Rassismus in den Verwaltungen und wertete diesen aus. Auf breiter Ebene wird auch die Abschaffung des Berliner Neutralitätsgesetzes gefordert, welches oft Grundlage für rassistisches und diskriminierendes Verhalten ist. „Ein Großteil der Beschwerden gehe auf Vorfälle bei den Bezirksämtern und in den Schulen zurück. Auf Platz drei landeten die Polizei und die Senatsverwaltung für Gesundheit. Kurz dahinter rangiert die BVG.“

Und am Mittwoch den 7.9.22 gibts dann wieder die Fahrraddemo „RESPECT CYCLISTS“
„für eine sichere Infrastruktur für Radlerinnen und Radler in Berlin
17:30 Falkplatz/Max-Schmeling-Halle 18:00 Abfahrt, gegen 22:00 Ende am Mauerpark.
An jedem ersten Mittwoch im Monat.“

Musizieren statt Betonieren – A100 stoppen – Konzert auf der Autobahn!

Quelle: Presse Lebenslaute

Widerständige Musik seit 1986 – Mit LEBENSLAUTE gegen die Finanzierung und Zementierung der Klimakrise!

Die Stadtautobahn A100 verstößt gegen EU-Recht und gegen das Grundgesetz!

Bis zum letzten Seufzer stehen kapitalistische Interessen über die des Weiterlebens unserer Erde. Ein selbstzerstörerischer Irrsinn, bei denen eine handvoll Pfeffersäcke, letztendlich leider nicht nur sich selbst, sondern alles und alle anderen mit zerstören.

Der aktuelle Klimaschutzbericht zeigt mit klarer Nüchternheit auf, was zu tun ist und was passiert, wenn nicht in eindeutig definierten Zeiträumen entsprechend gehandelt wird.
Diese Autobahn treibt die Klimakatastrophe voran, zerstört unsere Zukunft und Lebensräume!

Die A100 musikalisch lahmlegen! MusikerInnen, Gäste, ZuschauerInnen – Alle sind willkommen! Es wird ein großes Spektakel und ein Fest! Kommt zahlreich!
Wir bleiben widerständig bis wir unser Recht auf Leben mitentscheiden und unseren Lebensraum zurückerobert haben!

Aktionstage: 29. Juli – 5. August2022 in Berlin
In Kooperation mit der lokalen Initiative Sand im Getriebe Berlin und der Bürgerinitiative A100 (BI A100)

„Folk, Jazz, Tanzen, Kammermusik, Improvisieren, Theater, … sind als Zusatzprogramme sehr erwünscht. Im Rahmen der Aktion freuen wir uns (nach Absprache) über Beiträge weiterer Aktionsgruppen und Teilnehmer:innen“

+++ Update 1.8.2022: Die Berliner Polizei hat das Protestkonzert an dieser Stelle verboten. Es soll an einem anderen Standort stattfinden. +++

Neuer Standort der Versammlung: BAB 103, Fahrtrichtung Steglitz, Höhe Saarstraße !

Sommer in Berlin

Die Temperaturen steigen, Wälder brennen, eine staubige flirrende Luft trübt die Sicht und der Straßenteer, die Steine, Beton und Mauern der Stadt werden zum Backofen. Asphalt-Cowgirls- und Boys streifen verschwitzt durch die Gassen, Flaschensammler*innen ächzen unter ihrer Last.

Auch ich fahre sämtliche Aktionen nahezu auf Null runter, bis auf arbeiten gehen natürlich und erfrische mich mit lauwarmen Malzbier. Den Kühlschrank habe ich ausgeschaltet. In den Nachrichten wird zum Energie sparen und kürzer treten aufgerufen. Ich lasse die Fenster tagsüber weit auf, um den Wärmespeicher vorsorglich für den Winter aufzufüllen. Mein Spiegelei brate ich auf dem verzinkten Fensterbrett, das bis zum Mittag hin, die nötige Betriebstemperatur erreicht hat. Obligatorisch die kalte Dusche, die mich immerhin aus dem Hitzekoma zurück in eine kurze Wachphase befördert, die knapp zum Treppen runter, einkaufen und Treppen wieder hoch reicht. Zurück mit Matebier und passenden Urlaubssongs wie diesem, diesem oder diesem überlege ich, wie ich meine müden Ersparnisse in Gold verwandeln kann, falls die Inflation dramatisch voranschreitet. Meine Fahrräder könnte ich mit gefälschten Blattgold veredeln.

Wenn die Restenergie es zulässt, radel ich gemütlich ein paar Runden um den Block. Der Fahrtwind ist angenehm, wichtig immer mindestens eine Pulle Wasser dabei haben und ein Schüsselchen! Es kommt nämlich vor, das man auf halbverdurstete ortsunkundige Brieftauben und Kaninchen trifft, die die berliner Wasserstellen nicht kennen. Das Langohr entlarvte sich allerdings doch als ortskundig, mähte die letzten zarten Triebe von frisch gepflanzten Sonnenblumen ab und guckte frech gelangweilt auf die Rettungsversuche.

ortskundiges Kaninchen

Hitze unerschrockene, die nicht nur um den Block eiern und Brieftauben retten, sondern auch bisschen was erleben wollen, können das zum Beispiel mit „Berlin on Bike“ tun!

Quelle: designed by Berlin on Bike

Dort könnt ihr z.B. mit der Fahrradtour über die Geschichte der Street Art viel Wissenswertes und Spannendes entdecken.
Grafiken, Skulpturen und alles was die urbane Street Art zu bieten hat, prägen wie selbstverständlich unser Stadtbild und die Sinne im alltäglichen Berlin-Rausch. Einmal innehalten, genauer und bewußter hinschauen. Erfahrene Guids zeigen und erzählen.
Außerdem gibt’s auch geführte Fahrradtouren zu den Themen Berliner Mauer alternatives Berlin und noch einige andere. Achtet auf die Terminkalender.

Fahrrad-Jubeldemo zum Atomausstieg!

Versierte Leser*innen wissen, das Thema wurde neulich hier schon mal im Blog erwähnt. Freuen können sich nun auch alle diejenigen, die es nicht zu der Nord- und Südtour schaffen. Denn hier ganz regional und jubelnd geht’s durch Berlin am Samstag 18. Juni, Start 13 Uhr, Weltfriedensglocke Volkspark F-hain – natürlich auf dem Fahrrad!

designed by anti atom squat.net

Die Anti-Atom Bewegung feiert den Atomausstieg. Die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland, Emsland, Isar II und Neckarwestheim 2, werden noch dieses Jahr abgeschaltet!

Kommt alle, seit bei diesem historischen Meilenstein dabei, genießt die Sonne und den Erfolg!

Über 50 Jahre Zähne zeigen und gemeinsame Kämpfe gegen den Wahnsinn der Atompolitik zahlen sich aus. Wir werden reden, informieren, trinken, essen und natürlich Spaß haben. Denn es ist nicht vorbei. Wir kämpfen weiter, für eine globale und soziale Klimagerechtigkeit für alle!

via Naturfreunde Berlin

Das ADFC Projekt InnoRADQuick – weltbeste Beispiele für Schnellumbau von Straßen

Weltweit werden in Kommunen und Städten, Konzepte wie „Pop-up-Radwege, autofreie Schulstraßen, geschützte Kreuzungen, grüne Welle fürs Rad, Tempo 30..“ erprobt und angewandt.
„Mehr Platz für Menschen sowie eine wachsende Mobilität durch Fuß- und Radverkehr“. So die Vision. Für Klimaschutz und eine bessere Lebensqualität.

Das ADFC Projekt InnoRADQuick ist eine schöne komprimierte Zusammenfassung, von konkreten Beispielen und Handlungsanweisungen, wie der Umbau zu einer flächendeckenden Fahrradinfrastruktur gelingen kann. Und zeigt auch, das das Rad dazu nicht neu erfunden werden muss. Kann also ganz gut als Fibel verwendet werden.

Quelle designed by ADFC InnoRADQuick 2022

Nationaler Radverkehrsplan 3.0 und Klimaschutzprogramm 2030 heißen beispielsweise die Masterpläne in Deutschland. Gut Ding sollte hier keine Weile haben, beherrscht jedoch leider die zähe Aktionsstruktur in Politik und Verwaltung.
Der größte Anteil der Aktion scheint sich bisher vor allem in der theoretischen Ausarbeitung, wie Planung und Problemanalysen zu manifestieren. Flächendeckend, – trifft auf Deutschland bisher nicht zu. In Berlin wird Friedrichshain-Kreuzberg exemplarisch für den Schnellausbau von Pop-up-Radwegen genannt und Stuttgart. Fünf Fahrradparkhäuser (Berlin) befinden sich derzeit in Machbarkeitsuntersuchungen, das erste soll 2026 fertig werden. Vereinzelt werden Fahrradstraßen, u.a. mit Modalfilter wie versenkbaren Pollern erprobt. In den nächsten drei Jahren (Stand 2019) sollen 60 unfallträchtige Kreuzungen umgebaut werden. Schauen wir in die gängige Praxis, kommt die ketzerische Frage auf, ob es sich dabei um einen Zahlendreher handelt. In 60 Jahren, 3 Kreuzungen.. ? Konkrete strukturelle und mutige Umsetzungen scheinen trotz sichtbarer Teilerfolge noch in den Anfängen und im Konjunktiv zu stecken. Ankündigungen und Machbarkeitsstudien werden als Erfolge gefeiert, die Umsetzungen dazu liegen auf Eis oder kommen nur kleckerweise nach Jahren zum Vorschein. Ob, was und wie beständig die Projekte umgesetzt werden, läge auch am Engagement und Durchhaltevermögen der Mitarbeiter*innen in den Verwaltungen, so die Einschätzung von Verkehrsexpert*innen.

Das Fahrrad als wichtigstes Verkehrsmittel anzusehen, wie es Utrecht tut, würde hier in Deutschland eher noch als Scherz abgetan und mit Unglauben quittiert. Aber mit genau diesem Grundprinzip und Selbstverständnis, hat Utrecht kontinuierlich mit klarer Linie die Fahrradinfrastruktur umgesetzt und entwickelt sie weiter. Fehlende Fachkräfte werden von außerhalb hinzugezogen. Wichtig war es Utrecht auch, die Mobilitätsprojekte immer im Zusammenhang zu sehen die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Mit fünf Hauptrouten durch die Stadt, werden alle Stadtteile mit dem Fahrrad bequem erreicht. Jede(r) Bürger*in soll im Umkreis eines Kilometers eine verbesserte Infrastruktur haben. Der private Autoverkehr, soll so weit wie möglich, auf den Autobahnring ausweichen der um die Stadt führt. Dazu gibt es eine Vielzahl weiterer Strategien, die immer auch mit Bürger*innenbeteiligungen entstehen bzw. entstanden sind.

Auch Sevilla denkt im großen Maßstab und baute das Radwege Basisnetz, flächendeckend und durchgängig, mit Hilfe externer Fachkräfte, in weniger als zwei Jahren aus. Es verbindet alle wichtigen Ziele und Stadtteile und ist klar vom Kfz-Verkehr getrennt.
Es gibt ein öffentliches Fahrrad Verleihsystem, Fahrradparkplätze, angepasste Kreuzungen und Verkehrsberuhigung in der Altstadt. Seit dem ist der Radverkehr, der davor so gut wie nicht vorhanden war, enorm gewachsen. Die flugs für das Projekt zusammengestellte Verwaltung, die vorher quasi keinen Schimmer davon hatte, wie eine Fahrradinfrastruktur ausgebaut wird, arbeitete immer eng mit den Bürger*innen zusammen. Daraus entstanden Know-How, – sehr wichtig: Akzeptanz und ein gelungenes Resultat.

Ähnlich wie in Deutschland, sind in den USA Planung und Umsetzung langwierig. Ab 1990 begann die Theorie, 20 Jahre später, inspiriert durch beispielgebende Städte wie Sevilla, erste praktische Umsetzungen. Die Stadt New York startete als erste, den Schnellausbau von Radverkehrsanlagen. Schnelle, ausführbare, temporäre Komponenten werden erprobt und bis zur dauerhaften Nutzung angepasst. Zugunsten zeitnaher Umsetzung, geht es explizit also nicht um Perfektion. Von den „Quick-build projects“ (Schnellausbaumethoden) profitieren Nutzer*innen sofort und Daten können in Echtzeit ausgewertet werden. Es herrscht Einigkeit darüber – der politische Wille, die Zielsetzung und Finanzen müssen sitzen. Diese Grundvoraussetzungen, ebnen der planerischen Umsetzung den Weg. Ein strukturierter Aufbau von motivierten Teams, Aufteilung der Arbeitsbereiche, Austausch, Workshops und Fortbildungen, sowie Aufstockung von Personal mit Einbeziehung der Bevölkerung bei den Projekten und klare Fristen, garantieren den Prozess und den Erfolg. Jedes Jahr kommen seit Beginn weite durchgängige Fahrradnetze hinzu. Seit 2000 ist die Zahl schwerer Unfälle um 75% gesunken. Mit einer klaren zeitlichen Zielsetzung bis 2025, sollen z.b. auch in Houston, so kilometerlange Radwege gebaut und das Radverkehrsnetz verdichtet werden.

Quelle designed by ADFC InnoRADQuick 2022 – Memphis

Bleibt zu hoffen, das beim Thema Mobilitätswende, die guten Ansätze in Deutschland, die finanziellen Ressourcen, Wille und Kraft, nicht nur in Broschüren, neuen Studiengängen und in endlosen Theoriesitzungen verpuffen. Konkret handeln, umsetzen und dran bleiben! Das Wissen, reale Beispiele und die technischen Möglichkeiten sind ja da.

Eine schwerfällige, dem KFZ-Lobbyismus-verfallene bürokratische Schildkröte ist eine Zumutung, die unser Leben und unsere Welt kostet. Wenn Ergebnisse zum Klimaschutz und Verkehrswende von dicken Gehältern und steilen Karrieren abhängig sind und davon, bis die Autoverkehr-Spezialisten*Innen und Befürworter*Innen bis zur ihrer Pension, bzw. Rente den neuen für Radverkehr Platz machen, sind wir am A.. .

Auffällig bei den Beispielen ist auch, das die Umsetzungen erst nach Regierungs- oder Parteienwechsel starteten. Es ist erschütternd und fatal, den Klimaschutz davon abhängig zu machen, welche Leute es an die politische Spitze schaffen. Das ist kein Thema zum aussuchen! Klimaschutz ist nicht verhandelbar und muss jetzt gemacht werden, unabhängig davon wer das sagen hat.

Weitere Beispiele gibts zum nachlesen in der (online) Broschüre, auch zu Städten wie Barcelona, Stockholm, Paris und London.



Kinder und ihre Schauffeure auf die Räder und Füße bringen!

Jugendliche, Kinder ihre Eltern und Betreuer sind eine große Zahl von Verkehrsteilnehmenden auf unseren Straßen. Viele erledigen die Kita- und Schulweg Logistik immer noch mit dem Auto. Staus, Verkehrschaos, Unfallrisiken vor und auf dem Weg zu Schulen und Kitas sind der alltägliche Wahnsinn.

Photo designed by VCD

Um der bisherigen „Finanzierung der Klimakrise“ was entgegen zu setzen, ein Umdenken zu fördern, Anreize zu schaffen und die Zielgruppe auf’s Fahrrad und auf die Füße zu locken, starten der ökologische Verkehrsclub VCD, der Verband Bildung und Erziehung VBE und das deutsche Kinderhilfswerk, die Aktion „Für Kinder und Umwelt: Adieu Elterntaxi!“.

Das Thema ist heiß und es gab schon mehrere Aufrufe, ähnlich wie dieser. Wenn sogar ein Automobil-Club, der ACV, sich für ein Schulweg ohne Auto einsetzt, hier mit lustigem Lied, muss es ernst sein. Ob der Ursprung des Gedankens war, die Selbstständigkeit und Sicherheit der Kinder zu fördern und zu garantieren oder weil Elterntaxis regelmäßig die Straßen verstopfen und den Fluss der Autoflut behindern, sei mal dahingestellt. Mit einer Anti-Autopolitik werden sie sich jedenfalls nicht selbst abschaffen wollen.

An den Aktionstagen vom 19. bis 30. September 2022 „sollen möglichst viele Kinder deutschlandweit zu Fuß, mit dem Rad oder dem Roller zur Schule oder Kindertagesstätte kommen.“
Hier geht’s zur Anmeldung. Kinder, Lehrkräfte und Erzieher*Innen können dort auch eigene Projekte rund um das Thema zu Fuß zur Schule und zur Kita entwickeln. Zum Registrieren und mehr Infos: zu-fuss-zur-schule.de.

Neben Umwelt schonenden Aspekten wie dem Einsparen von CO2, profitieren von einem Kita- oder Schulweg zu Fuß oder Rad, auch Orientierungssinn, Immunsystem, Selbständigkeit und die Entdeckerfreude, so der VCD. Sprich, viele wertvolle Sinne die im Auto sonst brach liegen, werden mobilisiert! Außerdem wird ganz nebenbei, so auch dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder entsprochen und die soziale Kompetenz gefördert, da die Wege gemeinsam mit anderen zurückgelegt werden können.

Was Kinder jetzt als Selbstverständlichkeit lernen – zu Fuß und Fahrrad statt Auto – wird großen Einfluss auf Mobilität und Umwelt jetzt und zukünftig haben.

Klimakiller wie die A100 können nach Hause gehen und sich was schämen, wenn es keine Kandidat*innen gibt, die sie entlang rasen und fördern! (Erst recht mit Kandidat*innen, denn dann hat die Politik versagt!)

Mobilitätswende und bessere Lebensqualität jetzt!
Wir brauchen ein sicheres fuß- und fahrradfreundliches Umfeld mit sicheren Fahrradabstellplätzen, ein gut ausgebautes ÖPNV-Netz mit der Möglichkeit der Fahrradmitnahme, Tempo 30 auf allen als Schulweg genutzten Straßen, begrenzter Auto-Straßenverkehr rund um Schulen und Kindertagesstätten, Alternativparkplätze für Elterntaxis die trotzdem weiter benötigt werden, z.B. Bring- und Abholdienste für Kinder mit Behinderungen.
Keine neuen Autobahnen und Autos!

Ähnliches Thema, die „Klima-Tour 2022“ soll hier gleich mit vorgestellt werden. Angesprochen werden Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren. Geradelt wird ab März bis Ende September, Anmeldungen dazu sind fortlaufend möglich. Das ganze Prozedere hierzu und wie es funktioniert, gibt auch Preise.. entnehmt bitte der verlinkten Seite.
Grob erklärt: „jeden erradelten Kilometer aufschreiben, zusammenrechnen und ins Internet übertragen.“

Weltweiter „Ride of Silence“- Aktionstag

Designed by ADFC

Eine Gedenk- und Mahn Radtour, für die getöteten und schwer verletzten Radfahrer*Innen im Straßenverkehr führt schweigend und in weiß gekleidet, zu Stationen an denen ein weißes Geisterfahrrad (Todesfälle) in den Jahren 21 und 22 aufgestellt wurde. Sowie zu Stationen aus den Jahren davor, an denen weiße Geisterräder standen.

Seit dem ersten Ride of Silence in Dallas Texas 2003, findet die Veranstaltung jährlich statt, an jedem dritten Mittwoch im Mai.

Es zeigt auf, wie wichtig und dringend es ist, eine sichere Fahrradinfrastruktur umgehend! umzusetzen. Die meisten Unglücke werden vom Autoverkehr verursacht, der nach wie vor von Politik und Wirtschaft, entgegen aller Werbung und Versprechungen, als die TOP 1 subventioniert wird. Tote reichen offenbar nicht.

Mittwoch, 18. Mai 2022.

19 Uhr Rotes Rathaus, Abschlusskundgebung ist am Brandenburger Tor.

Das große WTNB Bike Race!

Am 22. Mai um 12 Uhr startet auf dem Tempelhofer Feld die „Tour de Fair„!

Tour de Fair 2022 Berlin!

Hintergrund, diesen Sommer findet die erste echte Version der Tour de France der Frauen statt.

1984 gab es die einzige Vollversion des Frauen Radrennens, die „Tour de France Feminin“ mit 21 Etappen. Im Schnitt kamen im Vergleich zu den Männern, die Frauen 30 Minuten früher ins Ziel! Nachfolgende Rennen für Frauen bestanden aus 6-8 Etappen, seit 2014 aus einer Etappe und 2022 wird sie aus 8 bestehen.

Die „Tour de Fair“ mit 21 Etappen („Checkpoints“) ist die Berliner Variante der „Tour de France Feminin“ und ist ausschließlich für WTNB* Personen (Woman Trans NonBinary). Sie steht also für Gleichberechtigung von Frauen bzw. WTNB* Personen, für die selben Chancen, Etappen, Preise und Medien-Berichterstattungen, wie es für Männer im Radrennsport üblich ist. Gegen Sexismus und für die Abschaffung der diskriminierenden wie demütigenden Behandlung von Frauen als „Podest-Girls“ im Radsport. Ausgeschrieben mit einem Preisgeld und anschließender Afterparty, auf der dann auch Männer willkommen sind, sowie gerne für’s unterstützen und helfen während des Rennens.

„Das Rennen, bestehend aus Flach-, Berg- und Sprintetappe, findet an einem Tag statt und führt über 70 km im Berliner Umland. An jeder Etappe gibt es Kontrollpunkte, an denen Sie einen Stempel in einem „Brevet-Buch“ erhalten.“

Interessierte Gruppen oder Einzelpersonen können sich hierüber anmelden. Ist außerdem die komplette Information zum nachlesen (englisch).

Die Anmeldegebühr, Gruppen 10€/ Einzelpersonen 7€, via PayPal an shethirtysix@gmail.com  beinhaltet die Startnummer, das Brevetheft und die Spende an The Cyclists‘ Alliance (Internationale unabhängige Vereinigung für weibliche Radfahrer).

Benötigt wird die Komoot App für die Route, sowie ein Helm, Licht am Fahrrad (alle Arten von Fahrrädern sind willkommen), mindestens eine Bremse, Fairness und nach Möglichkeit gute Laune. Bei fehlendem GPS wird empfohlen sich anderen Bikern* anzuschließen. Teilnehmer*Innen sind für die eigene Sicherheit verantwortlich.