R2G-Koalitionsvertrag in Berlin zum Thema Radfahren

Heute hat die künftige Koalition von Sozialdemokraten, Linken und Grünen die Koalitionsvereinbarung für die Legislaturperiode von 2016 bis 2021 veröffentlicht. Wir dokumentieren die Passagen des Vertrages, die den Radverkehr betreffen.

Neue Impulse für einen großstadtgerechten Radverkehr

In einem ersten Schritt wird die Koalition bis zum Frühjahr 2017 – unter Berücksichtigung von Zielen des „Volksentscheid Fahrrad“ und der im Koalitionsvertrag genannten Maßnahmen – einen Gesetzentwurf für den Radverkehr vorlegen und einbringen. Dazu wird ein Dialog mit dem „Volksentscheid Fahrrad“ und anderen Mobilitätsinitiativen und Verbänden geführt. Die Koalition will in dieser Wahlperiode massiv in den Ausbau der Fahrradinfrastruktur und des -netzes investieren sowie die Planungs- und Umsetzungsprozesse beschleunigen.

Es wird ein Bündnis für den Radverkehr / Bündnis zur Förderung des Radverkehrs, u. a. mit dem Land, den Bezirken, der Verkehrslenkung Berlin, der BVG und S-Bahn, den Leitungsbetrieben sowie mit weiteren relevanten Akteur*innen bzw. Entscheidungsträger*innen geschaffen. Eine Projektsteuerung soll die von der zuständigen Senatsverwaltung in Auftrag gegebenen gesamtstädtischen Projekte koordinieren, planen und umsetzen und alle relevanten diesbezüglichen Aufgaben übernehmen. Hierfür wird eine landeseigene Velo-GmbH gegründet, die in der Startphase bei der Grün Berlin GmbH angesiedelt werden soll.

Es wird eine Koordinierungsstelle Radverkehr eingerichtet, die für die Kommunikation und Koordination mit der Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene, den Verkehrs- und Leitungsbetrieben, der Projektsteuerung, dem Parlament, den Verbänden und der Öffentlichkeit zuständig ist.

Bei der zuständigen Senatsverwaltung werden mindestens zehn Vollzeitstellen und bei der o. g. Projektsteuerung eine angemessene Zahl an Vollzeitstellen eingerichtet, sowie Personalmittel für durchschnittlich zwei Ingenieursstellen pro Bezirk zur Verfügung gestellt. Die Personalmittel für die Bezirke werden an die Umsetzung von Maßnahmen gekoppelt. Zur Finanzierung werden im Jahr 2018 40 Mio. und ab 2019 jährlich 51 Mio. Euro Mittel in den Landeshaushalt eingestellt, die ausschließlich der Radverkehrsinfrastruktur zugutekommen, und für die langfristige Finanzplanung entsprechend auch Mittelzusagen für die folgende Legislaturperiode getroffen. Nicht ausgeschöpfte Mittel sind in das nächste Haushaltsjahr übertragbar. Die bezirklichen Straßenverkehrsbehörden werden wieder bei der Abteilung Tiefbau in den Straßen- und Grünflächenämtern (SGA) eingegliedert. 2017 werden mindestens 10 Mio. € zusätzlich für die Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur eingestellt.

Radverkehrsinfrastruktur ausbauen

Die Koalition verfolgt die Errichtung von im Regelfall mindestens zwei Meter breiten Radstreifen entlang des Hauptstraßennetzes. Die Streifen sollen so breit sein, dass ein sicheres Überholen möglich ist. Aus Gründen der Mobilitätssicherheit soll abschnittsweise eine physische Trennung des Radverkehrs sowohl vom Auto- als auch vom Fußverkehr erfolgen.

Auf Nebenstraßen will die Koalition ein Netz aus Fahrradstraßen planen und errichten, das mit der restlichen Radverkehrsinfrastruktur verknüpft wird. Die Koalition nimmt zur zügigen Umsetzung die notwendigen Änderungen des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes (AZG) vor. Und sie erarbeitet einen Leitfaden für die Gestaltung von Fahrradstraßen.

Einbahnstraßen sollen so weit wie möglich in beide Richtungen für den Radverkehr geöffnet werden. Die Koalition bringt den Umbau von Kreuzungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit voran; in den nächsten fünf Jahren sollen die laut Unfallkommission ermittelten gefährlichsten Kreuzungen umgebaut werden. An Baustellen müssen die Bedürfnisse von Radfahrer*innen und Fußgänger*innen berücksichtigt werden.

Bei den gehwegbegleitenden Radwegen, die in den nächsten Jahren voraussichtlich erhalten bleiben, werden Sichthindernisse vor Kreuzungen beseitigt, damit die Radfahrer*innen im Blickfeld der abbiegenden Autofahrer*innen sind. Die Koalition wird den Bau von Radschnellverbindungen vorantreiben, damit Pendler*innen weitgehend kreuzungsfrei – oder an Knotenpunkten bevorrechtigt – auch größere Distanzen überwinden können. Ziel ist eine Gesamtlänge von 100 km. Die Koalition wird Prioritätsnetze für ÖPNV, Fahrrad und Motorisierten Individualverkehr (MIV) definieren, auf denen das jeweilige Verkehrsmittel Vorrang hat und bevorzugt beschleunigt wird (Grüne Welle).

Die Koalition wird in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode für einen Zeitraum von zwei Jahren ein Pilotprojekt „Grüner Pfeil für Radfahrer*innen“ durchführen. In einem klar abgegrenzten, nicht hoch verdichteten Stadtbereich werden Ampelkreuzungen speziell ausgeschildert, um Radfahrer*innen das Abbiegen nach rechts oder das Geradeausfahren an T-Kreuzungen zu ermöglichen. Die Verkehrssituation muss dies trotz Rotampel erlauben.

Die Koalition wird das sichere und bedarfsgerechte Fahrradparken weiter vorantreiben. Dazu werden vermehrt Fahrradbügel aufgestellt und in dicht besiedelten Stadtbereichen auch Kfz-Plätze umgewandelt. In den Außenbezirken werden Bike&Ride-Plätze geschaffen. An den wichtigsten Verkehrsknotenpunkten, wie z. B. Ostkreuz, Hauptbahnhof, Südkreuz, Zoo oder Gesundbrunnen, werden Fahrradparkhäuser gebaut. Die Koalition startet eine Öffentlichkeits-Kampagne, um die Berliner*innen zu einem Umstieg auf das Fahrrad zu ermuntern. Die Koalition will gemeinsam mit dem Land Brandenburg die schadhaften Stellen des Mauerwegs beseitigen und die Defizite beheben.

Koalitionsvereinbarung zwischen SPD, den Linken und Grünen, Seite 51ff

27 thoughts on “R2G-Koalitionsvertrag in Berlin zum Thema Radfahren

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  1. Gefällt mir zumindest auf den ersten Blick besser, als der Radentscheid, da Neu- oder Ausbau von Bürgersteigradwegen wohl zum Glück kein möglicher Teil des Plans ist.

  2. Schade, dass der Radentscheid keinerlei quantifizierbare Impulse in Richtung Rad-Reisezeitverbesserung gesetzt hat.
    Kopenhagen z.B. ist da besser aufgestellt, da seit Jahren die Zielgröße von 1% Reisezeitverbesserung pro Jahr ausgerufen ist (im Verkehrsentwicklungsplan festgeschrieben). Das reicht zwar in Kopenhagen noch nicht ganz aus, um auch die Mitteldistanzen erfolgreich in Konkurrenz zum MIV zu entwickeln, aber mal abwarten …

    100KM Radschnellwege für GANZ Berlin?
    Soll das ein Witz sein?
    Für’s vergleichsweise kleine Münster kann ich sagen, dass für grad mal 300.000 Einw. etwas mehr als 120 KM Radschnellverbindungen gebraucht werden, um das Umland einigermaßen adäquat für den Radverkehr anzubinden.
    Wie da für Berlin 100KM reichen sollen ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel.
    Welche Erreichbarkeitsradien sind denn da zugrunde gelegt, bzw. angestrebt?
    Immerhin kommen auf Berlin verstärkt die Nebenwirkungen der sich entwickelnden Suburbanisierung zu. Das induziert in ganz erheblichem Umfang Autoverkehre – falls da nicht konsequent mit push and pull gegengesteuert wird.

    Abseits des oft gebrauchten Einwohner-wege-modal-split kommt da nach und nach ein Umland Auto-Tsumami auf Berlin zu, falls die Trends anhalten von:
    – Wachstum der Metropolregion
    – Gentrifizierung der Kernstadt-Quartiere
    – Umland-Suburbanisierung mit Trennung von Wohnen/Arbeit/Freizeit

    Gerade der Aspekt von bevorrechtigtem Prioritätsnetz für den MIV läßt hier ahnen, dass die Auswirkungen des Konzeptes im Gesamtverkehr NICHT zur Reduktion von MIV führen werden. Das liest sich m.E. nicht als ‚push and pull‘ im Sinne der Priorisierung des Umweltverbundes, sondern eher als ein ‚pull and pull‘, obwohl die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass ohne gravierende Restriktionen gegenüber dem Autoverkehr lediglich Verlagerungen im Kurzstreckenbereich eintreten bei gleichzeitiger Ausweitung der MIV Verkehrsleistung durch verstärkte MIV Mittel- oder Langdistanzen.
    Auch wenn da ein gewisser Anteil ‚Glaskugelleserei‘ dabei ist prophezeihe ich mal, dass mit so einem Programm der Einwohner-wege-modal-split sich weiterhin Richtung Fahrrad entwickeln wird, bei gleichzeitiger starker bis sehr starker Ausweitung des Autoverkehrs in Berlin und dem Berliner Umland.
    Ein Teil der Rad-aktivistInnen mag aber zufrieden sein mit der Gleichzeitigkeit von mehr Radwegen und mehr Autoverkehr.

  3. @reclaim: Ich sehe keinen Widerspruch – auch das RadG sah keine Bürgersteigradwege vor (ich nehme an, gemeint ist auf dem Hochbord ohne Abtrennung zum Fußweg, schmal, holprig, mit schlechter Kreuzungsführung).

    @Alfons: Dann zünde doch gleich die nächste Stufe und bereite den Volksentscheid Radreisezeit vor. Am besten auch gleich noch die Handelskammern & Co. von den wirtschaftsfördernden Effekten einer lebenswerten Stadt überzeugen

    Die kommentieren zum aus Deiner Sicht viel zu soften KoaV: „Ein vernunftbasiertes Mobilitätskonzept müsse aus Sicht des VBKI erstens von einem weiter wachsenden Verkehrsaufkommen ausgehen und zweitens sämtliche Verkehrsträger entsprechend der jeweiligen Bedarfe fördern. „Die im Koalitionsvertrag festgelegte einseitigen Parteinahme zugunsten des Verkehrsträgers Fahrrad ist vor diesem Hintergrund unverständlich und dürfte sich wachstumshemmend auswirken.“ Auch in weiteren Punkten vermisse der VBKI Antworten: „Ein tragfähiges Konzept zum Management der aller Voraussicht nach weiter anschwellenden, grenzüberschreitenden Pendlerströmen fehlt, auch die Frage nach der Anbindung des BER bleibt unbeantwortet.“

  4. @fab
    Dass MIV-Lobbys den Lauten machen, wenn’s nicht in tradierter Weise autogerecht abläuft ist doch so selbstverständlich, dass das zum ‚Argument‘ nicht taugt.
    Wenn die Abgasnormen alle 20 Jahre um völlig untaugliche 5% verschärft würden, dann würde selbstverständlich bei jeder Erhöhung die Empörungs-PR-Maschine der MIV-Lobby ritualisiert anlaufen. Das heisst aber doch nicht in falscher Schlussfolgerung, dass solche 5% der richtige Weg wäre (weil ja Lobby empört ist …).
    Das sind nichts als die altbekannten tumben Rituale der poltikberatenden Agenturen.

    Es geht mir nicht um ‚zu soft‘, sondern um die Ausrichtung. Darum, in welchen Kontext das Verkehrsmittel Fahrrad gestellt wird. Positiv ist ja durchaus das erkennbare Bestreben Rad und ÖPNV (Parken,…) zu vernetzen, und den Radverkehr nicht auf Kosten des Fußverkehrs auszuweiten. Das Ganze wirkt aber NUR, wenn parallel entsprechende Restriktionen gegen den MIV ergriffen werden. Statt immer nur ‚best practice‘ zu frohlocken und auf Hochglanzbildchen mit ‚protected bikelanes‘ nebst KINDERN abzufahren, wäre m.E. die Anerkenntnis der Tatsache, dass in den USA parallel zur drastischen Ausweitung des SeparationsRadverkehrs die Verkehrsleistung des MIV um 3,5% p.a. steigt. Dito (wenn auch mit geringerer Steigerungsrate) in DK und NL. „Was folgt daraus“ wäre zu beantworten.
    Ich sehe durchaus die Gefahr, dass die Maßnahmen nur zur Verlagerung innerhalb des Umweltverbundes führen, und zur Reduktion der Innerstädtischen MIV-Kurzstreckenverkehrs bei gleichzeitig steigender MIV-Verkehrsleistung, was m.E. dann definitiv im falschen (20.) Jahrhundert angesiedelt ist.
    Das ist keine Frage von ’soft‘ und ‚hard‘, sondern von Ausrichtung der Maßnahmen, von zukunftsgerechter Zielsetzung, bzw. der Übereinstimmung von erklärtem Ziel (umweltgerechte nachhaltige Mobilität) und der eingesetzten Mittel.
    Ich habe erhebliche Zweifel ob sich die auf Umwelt ausgerichteten Ziele mit diesen Mitteln erreichen lassen.
    Für die Erhöhung des Rad-modal-splits (als Ziel) dagegen sind die Mittel m.E. geeignet. Fragt sich nur, warum dann überhaupt der „Radanteil“ erhöht werden soll, wenn dabei die umweltpolitischen Zielsetzungen verfehlt werden.

  5. Also wenn das jetzt Senatssprache wird mit den „Akteur*innen“ … dann verweigere ich das Lesen von Texten. Bisher war Schriftsprache immer der Aussprache angepasst, daher lesen sich *-Texte unnatürlich.

    Sonst bin ich gespannt. Bemühungen um den Fahrradverkehr können produktiv oder kontraproduktiv sein, mal schauen was rauskommt.

  6. @berlinradler: Das „*“ wird als Sternchen, Asteriskus oder Asterisk bezeichnet. Das Wort “ Akteur*innen“ wird demnach also als „Akteursterncheninnen“, „Akteurasteriskusinnen“ oder „Akteurasteriskinnen“ vorgelesen. Gewöhnt man sich ganz schnell dran.

    Ansonsten hege ich vorsichtige Hoffnungen auf R²G was Fahrrad- und Fußgängerverkehr betrifft. Allerdings muß man berücksichtigen:

    – die SPD ist schon seit den 1960er DIE Partei des Automobils

    – die Linken haben noch vor zwei Jahren in Köpenick einen Volksentscheid GEGEN Parkraumbewirtschaftung mitgetragen

    – die Grünen haben (allerdings stärker in Daimler-Württemberg als in Berlin) alternative Verkehrspolitik für Bahn, ÖPNV usw. zugunsten einer für elektrische Autos abgeschrieben

    Keine der drei Parteien ist also verkehrpolitisch über den Radweg zu trauen!

    Bei dem Satz „Aus Gründen der Mobilitätssicherheit soll abschnittsweise eine physische Trennung des Radverkehrs sowohl vom Auto- als auch vom Fußverkehr erfolgen“ befürchte ich daher Böses. Der Satz kann leicht gegen Entschleunigung und vernünftige Radstrefen ausgelegt werden!

  7. Hab noch mal geschaut,
    http://www.rbb-online.de/politik/wahl/berlin/agh/oepnv.html
    ist ja im Ansatz ganz gut, Reisezeit dürfte sich evtl. verbessern, wenn Takt dichter und mehrtüriger Einstieg, und auch
    http://www.rbb-online.de/politik/wahl/berlin/agh/wohnen.html
    ist im Ansatz nicht schlecht, aber ob das reicht, um die drohende weitere Gentrifizierung/Suburbanisierung nebst Metastasierung des Autoverkehrs einzudämmen, oder den Autoverkehr idealerweise sogar zu senken?

    A100 Weiterbau ist ja auch noch nicht ganz tot, sondern wird nur in DIESER Legislaturperiode nicht weiter als bis 16.Bauabschnitt durchgezogen, wobei der 17.Bauabschnitt ja eh erst frühestens 2020 starten würde.

  8. @berlinradler
    „Also wenn das jetzt Senatssprache wird mit den “Akteur*innen” … dann verweigere ich das Lesen von Texten. Bisher war Schriftsprache immer der Aussprache angepasst, daher lesen sich *-Texte unnatürlich.“

    Bitte, dann lesen Sie halt nichts mehr – selber schuld 😉
    Durch diese Änderung wird die Schriftsprache meiner Aussprache angepasst – mir kommt die Schreibweise sehr entgegen. Ist aber natürlich auch total subjektiv meine Bewertung. Muss aber zugeben, dass ich auch vorher Texte gelesen habe, die meiner Aussprache nicht kongruent waren. Ich bin da flexibel und das hat meinen Horizont ungemein erweitert. Der Begriff der „Natur/ Natürlichkeit“ ist in diesem Fall angemessen, wenn man sich nicht gerade als Anhänger*in der Schöpfungstheorie versteht: Leben – Evolution, Entwicklung, Prozess, Veränderung…
    Tausend Küsse, derdiedas Harry

  9. Der Koalitionsvertrag zum Radverkehr list sich doch richtig gut! Sehr viele sinnvolle politische Forderungen zur Stärkung des Umweltverbundes im Allgemeinen und zum Radverkehr im Besonderen werden in Aussicht gestellt und als Ziel formuliert.
    z.B. Grundsätzlich:
    „Vorrang für den Umweltverbund bedeutet auch Umverteilung des Straßenraums zugunsten des ÖPNVs, des Rad- und Fußverkehrs.“
    Konkret und zeitnah:
    „2017 werden mindestens 10 Mio. € zusätzlich für die Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur eingestellt.“
    Das ist ein Grund zur Freude und sollte Ansporn sein weiterhin auf die Umsetzung zu drängen!

  10. @Alfons:

    „[in den USA] parallel zur drastischen Ausweitung des SeparationsRadverkehrs die Verkehrsleistung des MIV um 3,5% p.a. [angestiegen]“

    Bei einem modal share von 1% des Radverkehrs hat das Sine mit dem Anderen sicherlich nichts zu tun. Also mal wieder Rabulistik nach dem Motto: Wenn es nicht alle meine Ziele sofort verwirklicht, will ich das gar nicht haben.

    Du müsstest Dich ja eigentlich in New South Wales wohlfühlen. „1m Law“ beim Überholen, keine Infrastruktur, drakonische Strafen für alles und jedes, was Radrennfahrer eh nicht machen. Optimale Reisezeit auf der Landstraße. Und, wie siehts da aus mit dem tollen Umwelteffekt?

    Den Anstieg der MIV-Verkehrsleistung weltweit kann man doch nicht den Radaktivisten in die Schuhe schieben. Verstädterung, Zersiedelung, Speckgürtel, das hat eben Konsequenzen, die man lösen muss – aber nicht, in dem man in der Innenstadt „Mischverkehr“ durchsetzt und sich möglich wenig Leute noch aus ihren Häusern und Autos raustrauen.

    Und was ist an Verlangerung der kurzen Strecken ÖPNV-> Rad denn eigentlich so falsch falsch? ÖPNV in Berlin ist im S-Bahnring zu Stoßzeiten doch auch an der Kapazitätsgrenze. Ich fahre jedenfalls nicht mehr um 8.00 morgens mit der U-Bahn nach Mitte, da ziehe ich lieber meine Rainlegs über. „Mein“ U-Bahn-Stehplatz bleibt frei für die, die es weiter haben.

    Auch das Argument gegen die Verlagerung von Kurzstrecken Autos -> Rad ist doch verdreht. Eigentlich ist es doch einfach: Erstmal die Kurzstrecken verlagern vom Auto aufs Rad. Das kostet Platz (vgl. Riesengeschrei in London wg. zwei, drei neuen Radrouten). Was meinst Du wie das Geheul wird, wenn Radwege in Berlin Parkplätze kosten.

    Die Handelskammern sind ja auch nicht irgendeine „Autmobil-Lobby“, sondern in Hamburg so etwas wie die Graue Eminenz, eine Art Schattensenat und auch in Berlin einflussreich. CDU/FDP/AfD/Autosozen/Autolinke zusammen hätten nach wie vor die absolute Mehrheit.

    Daher: Das Machbare ausreizen. Druck machen. Im nächsten Schritt kommt, wenn es klappt, die Rad-Anbindung von Vororten und zwischen Orten. In den NL lief das auch so, dazu gibt es schöne Videos von Mark Wagenbuur.

  11. CPH hat mittlerweile mehr Radverkehr, der in die Stadt kommt, als Autoverkehr. Schafft also auch die Umstellung des Pendelverkehrs. Obwohl eine Parkerlaubnis für die Stadt nur 100 Euro kostet.

    https://www.fastcoexist.com/3065696/copenhagen-now-has-more-bike-use-than-car-use

  12. @Martin, der Sinn der Sterne ist mir schon klar.

    @harry, ja ich bin bockig und lese nichts mehr 🙂 Eigentlich sollte das auch nicht unbedingt DAS Diskussionsthema sein. Aber entweder man sagt „Akteurinnen und Akteure“, oder man sagt vereinfachend „Akteure“ – wenngleich man damit neuerdings viele Menschen verletzt. Wie man aber „Akteur*innen“ sagt, weiss ich nicht. „Akteurinnen“ sind dann wieder die weibliche Form und verletzen mich zutiefst.

    Veränderung, ja bitte. Aber Sprache ist etwas so schönes, daraus kann man wirkliche Kunstwerke machen. Oder Sternchentexte.

  13. @fab
    willst Du pöbeln oder diskutieren?
    Du wirst sehr sohl wissen, dass ich NICHT generell gegen Radwegebau bin sondern duale Führungsformen für geeignet halte. Also Fahrbahn PLUS – wo sinnvoll und verantwortbar – RVA mit (!) Wahlfreiheit. Auch für die Verbesserung der Rad-Reisezeit können Radwege ein geegnetes Mittel sein.
    Aber seit die ‚Strizzis‘ die Stammtischhoheit übernommen haben und die allgemeine Benutzungpflicht wieder zurückkehrt – ausserorts ist das ja mit der StVO-Novelle bereits soweit, dass auch der letzte lebensgefärliche Drecksweg wieder Benutzungspflicht verpasst kriegen darf. Ein sarkastisches DANKE an die neuen ‚Radakrtivisten‘ an dieser Stelle) – scheint jegliche Kritik gegen Benutzungspflicht oder Radweg-Dogmatismus oder Radwegs-Heilserwartung sofort den Reflex auszulösen „böse VC-Propaganda“, Mischverkehrs-Zwang, etc, etc,
    Was soll dieser diffamierende Unsinn?

    Aber zum inhaltlich konstruktiven Teil Deines Kommentars:
    „Erstmal die Kurzstrecken verlagern vom Auto aufs Rad. Das kostet Platz“
    Gewagte These.
    Das entspricht m.E. nicht den Fakten: Eine Kurzstrecke zurückgelegt mit dem Auto oder mit dem Fahrrad braucht mit dem Auto i.d.R. ganz erheblich mehr Platz als mit dem Rad. Auch bei Spurverlagerung. Empirische Studien aus USA und parallele Ergebnisse aus Verkehrssimulationsprogrammen zeigen recht eindringlich, dass sich die AutoReisezeiten durch ‚protected bikelanes‘ (Nullfall ist dabei geringer Radverkehr auf der Fahrbahn mit 1% und 10%) verbessern.
    Daraus ergibt sich nahezu zwangsläufig eine Erhöhung der gefahrenen Auto-Streckenlängen und ein städtebaulicher Flächenfraß durch Verlängerung des Auto Erreichbarkeitsradius. Das Gegenteil ist richtig: Radfahren spart Platz, der dann von Autoverkehren auf längeren Distanzen zur Verfügung steht.
    (daraus resultierendes MIV-Wachstum gilt aber m.E. nicht für Schrumpfregionen, was in Berlin jedoch absolut irrelevant ist)

    Dein zweiter Punkt:
    Was sei daran schlecht, wenn der überlastete ÖPNV durch Radverkehr entlastet würde,
    beinhaltet m.E. Denkfehler bzw. Auslassungen:
    Die Alternative zur Verlagerung von ÖPNV zu Radverkehr ist doch nicht eine noch weitergehende Auslastung des ÖPNV (geht doch kaum noch), sondern eine Erweiterung des ÖPNV, was in Berlin auch absolut dringend notwendig ist !!!
    Geschieht das nicht, sondern wird das anstehende Wachstum schwerpunkthaft mit Radverkehr bewältigt wird der Umweltverbund insgesamt geschwächt. Du musst bedenken, dass ein Teil des Radverkehrs wettersensibel ist (Sturm Eis/Schnee, etc.) Was dann? Wenn der Radverkehr die Erweiterung des ÖPNV verlangsamt hat bleibt dann nur noch das Auto?
    Merke: Der ÖPNV kommt zur Not auch ohne Radverkehr aus, und kann umweltgerechte inklusive Mobilität sichern, aber der Radverkehr braucht – wenn das Auto überflüssig bleiben soll – einen funktionierenden ÖPNV ZWINGEND als Ergänzung und als Ausfallsischerung. Dazu muss dieser leicht überdimensioniert und attraktiv getaktet werden. Ebenso ist guter Fußverkehr auf ausreichend breiten Flächen nötig. Richtig ist natürlich, dass geeignete Fahr-Infrastruktur, kluges Radparken und gute Diebstahlssicherheit das Zusammenwirken von Rad und ÖPNV verbessern können. Da scheinen ja auch gute Ansätze bei R2G zu erkennen.

    „Den Anstieg der MIV-Verkehrsleistung weltweit kann man doch nicht den Radaktivisten in die Schuhe schieben.“
    NaJa, kommt drauf an, wie man das sieht: die auf Separation angelegte Jaywalking-Kampagne kam natürlich nicht von den ‚Radaktivisten‘, zeigt aber sehr schön, wie durch die ‚Autobahnisierung‘ unserer Strassen mittels Separierung die Hoheit des Autos hergestellt und ausgebaut wurde.
    http://www.urbanist-magazin.de/2013/06/vom-jaywalking-zum-kampfradeln/
    „Die“ Radaktivisten gibts m.E. nicht, aber es gibt sehr wohl eine Strömung im ‚grünen‘ Besserverdienermilieu, die den Jaywalking-Effekt jetzt generalisiert auf den Radverkehr ausweiten will: freie Fahrbahnen den Autos lautet dabei die Konsequenz.
    Erst wenn Separation so konstruiert WÜRDE, dass die Reisezeiten des Autoverkehr nicht besser werden (wie derzeit), sondern sich verschlechtern wäre es überhaupt möglich Separationslösungen zu entwickeln, die nicht autogerechte Konsequenzen haben, sondern auf MIV beschränkend oder zumindest neutral wirken.
    Wo – ausser in Kernstadtbereichen mit begleitend hohen MIV Umlandverkehren – ist denn das der Fall? Ich kenne kein einziges Beispiel.

    In NL nicht, in DK auch nicht. Nur immer isoliert in den jeweiligen Kernstädten unter Ausklammerung der steigenden Umlandverkehre. In NL zudem mit schlechten ÖPNV Anteilen und schlechten Fuß-Anteilen.

    „Bei einem modal share von 1% des Radverkehrs hat das Sine mit dem Anderen sicherlich nichts zu tun.“
    Ich beneide Dich fast um Deine „Sicherheit“, mit der Du das „sicherlich“ in den Satz baust 😉
    Allein: die Fakten sprechen eine andere Sprache.
    http://www.zukunft-mobilitaet.net/126068/analyse/wirkung-radfahrstreifen-radweg-schutzstreifen-geschwindigkeit-pkw-fahrzeit-miv/
    Sieh Dir mal Grafik 2 an ‚How bikelanes affects average traveltime‘
    Du siehst: bereits bei 1% Radverkehr verbessert die Anlage einer Radseparation die Autoreisezeit um satte 10% – trotz Spurreduktion!
    Es ist zu hoffen, dass der Forschungsstand sich da noch verbreitert und ausdifferenziert, um vielleicht mal eine Lösung zu sehen, wo Separierung des Radverkehrs nicht automatisch den Ereichbarkeitsradius des Autoverkehrs erhöht (falls das überhaupt möglich ist). Davon ab hast Du natürlich Recht, dass die 3,5% nicht ausschliesslich auf PBL zurückzuführen sind. Es tritt aber eben in den Separationsländern trotz ggf. ‚mehr Menschen auf dem Rad‘ keine Reduktion von MIV ein. Im Gegenteil.

    „Zersiedelung, Speckgürtel“?
    Das HAT keine Konsequenzen, sondern das IST Konsequenz!
    Ohne das Auto als zentrale Mobilitätsmaschine wäre das so gar nicht möglich geworden. Stadt formt sich (unter anderem) unter dem Gesetz der konstanten Reisezeitbudgets entlang der Mobilitätsmöglichkeiten, nicht umgekehrt. Dass daraus ein sich selbst reproduzierender Teufelskreis wird ist klar. Die Charta von Athen wäre ohne das Auto kaum denkbar gewesen, wie umgekehrt das Fahrbahnpriivileg der Autos die autogerechte funktionsgetrennte Siedlungsstruktur geformt hat.
    Aktualisiert heisst das heute ein Augenmerk auf Gentrifizierungsprozesse zu lenken, die in großem Umfang zusätzlichen Autoverkehr generieren können. Darüber denken aber z.Zt. eher Architekten nach, als sogenannte ‚Radaktivisten‘.
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/daniel-libeskind-warnt-vor-toten-innenstaedten-a-1119618.html
    Unter diesem etwas geweiteten Horziont hiesse es mal darüber nachzudenken, was eine autoarme ‚grüne‘ Aufwertung in den Quartieren der ‚grünen‘ Besserverdiener eigentlich für die Gesamtverkehre bedeutet? Und es hiesse die Mühe auf sich zu nehmen, wie diesen Autoverkehr induzierenden Tendenzen dann entgegengewirkt werden kann. Denn auf autoarme Quartiere zu verzichten, weil dadurch zusätzlicher Autoverkehr induziert wird kann ja schliesslich auch nicht die Lösung sein?
    Libeskind hat ein durchaus Radverkehr relevantes Problem gut formuliert:
    „Berlin war es gewohnt, sich einfach immer weiter auszubreiten, aber diese Stadt kann nicht einfach immer weiter wachsen und mehr und mehr von Brandenburg verschlingen.“

  14. @fab
    zu Deinem Link wg. Kopenhagen:
    das ist mal wieder der leider übliche Fehler: es geht da um die KERNSTADT!
    Bei anderen tollen CPH-Zahlen gehts dann oft um ‚Berufs- und Ausbildungsverkehr der ‚Kommune Kopenhagen‘, ohne dass das genau expliziert wird (sieh dir z.B. mal die Lage von Frederiksberg als ‚ausserhalb von Kopenhagen‘ an), sondern es ist nur von Copenhagen die Rede, was sozusagen gespinnte Lüge durch Auslassung ist.
    Die Infos laufen nahezu immer über privatwirtschaftliche PR-Agenturen (oder ÖPP), deren Geschäftsmodell der Radwegebau ist (Colv.Anders.) oder die innenstadtgentrifizierung für Besserverdienende (Gehl architekts).

    Davon ab ist m.E. anzuerkennen, dass CPH in Teilen (wie ich schrieb) durchaus erfolgreich ist – jedenfalls seit sie vor über 10 jahren endlich erkannt haben dass die systematische Verbesserung der Radreisezeit der wesentliche Schlüssel ist, um erfolgreich in Konkurrenz zum MIV treten zu können.

  15. Kann man auf 2m Breite wirklich mit ausreichendem (Definition: Keine Mitschuld im Falle eines Unfalles wg. Unterschreitung des notwendigen Sicherheitsabstandes) überholen? Auch Lastenräder, Dreiräder und Fahrräder mit Kinderanhänger?

  16. „Unter diesem etwas geweiteten Horziont hiesse es mal darüber nachzudenken, was eine autoarme ‘grüne’ Aufwertung in den Quartieren der ‘grünen’ Besserverdiener eigentlich für die Gesamtverkehre bedeutet?“
    „Die Infos laufen nahezu immer über privatwirtschaftliche PR-Agenturen (oder ÖPP), deren Geschäftsmodell der Radwegebau ist (Colv.Anders.) oder die innenstadtgentrifizierung für Besserverdienende (Gehl architekts).“
    (Alfons Krückmann)

    Immer wieder interessant, wie schnell die Kfz-Ind. und/oder VC-Lobby ein neues Anti-Rad Argument adaptiert und in die Szene bläst.

    Radverkehrsförderung: nur für grüne Besserverdiener
    Deutschland im Fahrradwahn

    Der, ach du Schreck, an einer Privatwirtschaft hängende Radspannerei-Blog dazu:
    https://rad-spannerei.de/blog/2016/11/02/deutschland-vom-fahrrad-wahn-betroffen/

    Hier die Antwort von Velo-Total: (Vorsicht, Indoktrination: Statt der quasi sozialistisch organisierten Kfz-Industrie (Aktien auch im Streubesitz) kommt hier die aus der bösen „Privatwirtschaft“ (Krückmann) organisierte ZIV zu Wort:
    „Weiterhin ist das Fahrrad ein günstiges Verkehrsmittel mit nahezu keinerlei Zugangsbarrieren und somit für jeden nutzbar. Es ermöglicht auch denen mobil zu sein, die sich kein Auto leisten können. Dass Radverkehrspolitik Politik für reiche Eliten sei, wie es Güllner darstellt, ist doch eine sehr einseitige Betrachtungsweise.“

    Verdächtig wird diese, glaubt man Krückmann & Co, allenfalls auf den ersten Blick logische Argumentation (Das größte Manko des urbanen Radverkehrs: Er kann die durch Autobahnbau zunehmende landesweite MIV-km Leistung nicht stoppen!), verdächtig wird sie durch die Unterstützung aus der Wissenschaft, die schon für ganz andere Klopse verantwortlich ist („Die Erde ist rund. Der Klimawandel ist Realität. usw.)

    Die Uni Kassel stößt nun ins gleiche Horn:

    „Kommunale Kostenrechnung: Investitionen in Radverkehr für Städte am günstigsten“
    http://www.uni-kassel.de/uni/nc/universitaet/nachrichten/article/kommunale-kostenrechnung-investitionen-in-radverkehr-fuer-staedte-am-guenstigsten.html

    Aber dieses Milieu leugnet ja auch, dass Obama ein in Kenia geborener schwuler Muslim ist.
    War ja klar, diese linksgrün-versifften vaterlandslosen Besserverdiener sind doch nur gegen Autos, weil sie Deutschland schaden wollen! (Geiles, geradezu trumpiges Feindbild!)

    Draufhalten, mit deim Manta, Digga.

    (Der obige Text kann Spuren von Ironie enthalten)

  17. Eins ist jedenfalls schonmal klar: Alfons und Strizzi könnten mir inzwischen doch wirklich gerne gestohlen bleiben bzw. hoffentlich bald mal werden.

    Dieses ständige Giftrumgespritze – Seitenhiebe und Nachtreten in jedem zweiten Nebensatz und cholerikerhafter Aufschrei und Rumgepöbel beim leisesten Widerspruch – ist nur noch unerträglich.

    Ihr habt doch inzwischen beide wirklich Alles gesagt, was Ihr zu sagen habt. Eure Beiträge dürften mittlerweile – zusammen mit denen des Münsterlandradlers – bald 50% aller Beiträge zum Thema im gesamten Internet ausmachen.

    Wahnsinn.

    Nee, nee. Ich versuche dann fortan mal zu ignorieren. Hoffentlich gelingts mir.

  18. @berlinradler
    „Aber entweder man sagt “Akteurinnen und Akteure”, oder man sagt vereinfachend “Akteure” – wenngleich man damit neuerdings viele Menschen verletzt. Wie man aber “Akteur*innen” sagt, weiss ich nicht. “Akteurinnen” sind dann wieder die weibliche Form und verletzen mich zutiefst.“

    Na, dann scheint der Anlass für die Sternchen doch noch nicht so eindeutig angekommen zu sein – weil er genau das eben nicht sein soll: eindeutig 😉
    Das Mantra der strikten Dichotomie des Geschlechts ist inzwischen wissenschaftlich als überholt definiert (http://www.tagesspiegel.de/wissen/gender-in-der-biologie-es-gibt-mehr-als-zwei-geschlechter/13386730.html , http://www.spektrum.de/news/die-neudefinition-des-geschlechts/1335086) und diesem soll mit dem Sternchen in der Schriftsprache Rechnung getragen werden, indem man zwischen den beiden Polen m/f Raum für alles andere lässt. Das auch klar als Abgrenzug zum häufig genutzten Unterstrich, der eher für die antiquierte Abgrenzung/Trennung oder einen leeren Raum zwischen den Polen steht.
    Die Verletzung durch Sprache ist nichts, was „neuerdings“ passiert – es gibt durch gesellschaftlichen Wandel und Bildung nur inzwischen eine größere Sensibilität für Diskrimienierungs- und Unterdrückungsmechanismen und damit einhergehend eine höhere Bereitschaft, betroffene Menschen selbst entscheiden zu lassen, was sie verletzt oder beleidigt. Und mitunter gibt es den Willen diesen Zustand durch Empathie, Akzeptanz, Verständnis und Rücksicht abzustellen. Das finde ich persönlich total toll und begrüßenswert. Da steht mein kleines Holpern beim Lesen aber mal sowas von hintenan 😉

    Zur Ausprache kann ich bei mir persönlich feststellen, dass ich in den meisten Fällen dann für das Sternchen eine kleine Pause mache: „Radfahrer“-Pause-„innen“. Bei Workshops und Seminaren habe ich festgestellt, dass das viele Moderator*innen oder Teilnehmer*innen ähnlich halten.

  19. Aber wenn Du da beim Vorlesen eine Pause machst, schaffst Du dann nicht

    …einen leeren Raum zwischen den Polen

    ? 😉

  20. „Nee, nee. Ich versuche dann fortan mal zu ignorieren. Hoffentlich gelingts mir.“
    Nur Mut. Ich bin sicher du schaffst das. Das Ignoranz die Klippe sein soll, an der du scheiterst, kann ich von unserer bisherigen Kommunikation aus jedenfalls kaum glauben.

    Aber richtig ist natürlich, dass man die Krückmanns nicht das Diskussionsthema bestimmen lassen sollte. Widerlegung des gröbsten „Giftrumgespritze“: Ja. Themensetzung: Nein.
    Für diese Erinnerung: Danke @ reclaim.

    @Jeremy schrieb:
    „Kann man auf 2m Breite wirklich mit ausreichendem (Definition: Keine Mitschuld im Falle eines Unfalles wg. Unterschreitung des notwendigen Sicherheitsabstandes) überholen?“

    Kann man (meistens) nicht. Denn meistens kann man auf diesen Dingern noch nicht einmal allein sicher (’sicher‘ nach hiesiger gerichtlicher Definition) radeln.

    Hält der MIV einen Abstand von 20 cm zu den Streifen, so sind 1,30 m schon unbenutzbar wegen des Überholabstandes von 1,50. Rechnet man dann den einzuhaltenden Seitenabstand zu den oft rechts mit nur 20 -30 cm Abstand (wenn überhaupt) zum Streifen parkenden parkenden Kfz, so sind die 2m weg, ohne dass nur 1 Radfahrer sich darauf bewegt.
    Immerhin erlauben die Streifen den rechts von ihnen parkenden Kfz-Fahrern ein gefahrloses Aussteigen – wenn man die Radler nicht rechnet (aber wer tut das schon).

    BTW: Zu Überholabstand missachten gibt’s eine interessante Entwicklung in Großbritannien. In Camden, London, müssen Engüberholer jetzt damit rechnen, dass ihr Auto konfisziert und verschrottet wird. Helmkamera-Aufnahmen sind als Beweis zugelassen.

    road.cc schreibt:

    „Drivers in North London borough caught close passing a cyclist twice in a year could have their car crushed

    Police in North London have started using legislation which means drivers caught passing too close to cyclists twice in one year could have their car confiscated and crushed.

    Camden police to use section 59 legislation which means helmet cam footage could be used to help remove worst drivers from the road.“
    http://road.cc/content/news/211546-drivers-north-london-borough-caught-close-passing-cyclist-twice-year-could-have

    Wenn ich auch überzeugt davon bin, dass Straßendesign, welches solch Verhalten von vornherein ausschließt, die weitaus bessere Lösung ist als es nachträgliche Strafen je sein können: Die Konsequenz ist bemerkenswert.
    I’m impressed.

    Zu R2G, Radentscheid und Radverkehrspolitik

    Man muss zunächst einmal sehen, dass der Radentscheid und R2G über völlig unterschiedliche Ressourcen verfügen.
    Bei allem Respekt vor dem Radentscheid und seiner schier unglaublichen Leistung ist aber auch wahr:
    Er ist die Arbeit von politischen Amateuren ohne einen ihnen zuarbeitenden wissenschaftlich-politischen Apparat.

    Seine Forderungen wurden von aktiven Radlern ausgearbeitet. Wenn man aber den Radanteil bspw verdoppeln oder mittelfristig verdrei- oder vervierfachen möchte (und das nicht nur in Kreuzberg), dann muss der Schwerpunkt der Forderungen darauf zielen, die an der Verdoppelung/Vervierfachung fehlenden 50% bzw 75% zu mobilisieren, mit dem Rad zu fahren. Man kann die jetzt schon Radelnden nicht vernachlässigen, aber sie sind nicht so wichtig: Die radeln ja schon.

    Man hätte sich also fragen müssen: WER sind diese fehlenden Prozente? Und WIE bzw WOMIT kriegt man die aufs Rad?

    Meine Kritik am Radentscheid ist also: Gegenwartspolitik.

    Womit wir an der Schnittstelle zwischen Kampagne (Radentscheid) und Radverkehrspolitik (R2G) wären.
    Denn von demokratischer Politik in Regierungsverantwortung mit ihrem gewaltigen Apparat und ihren Profis muss und kann man mehr verlangen als nur die Forderungen einer Kampagne umzusetzen: Nämlich Politik, die, ausgehend vom Bürgerwillen, versucht Zukunft zu gestalten.

    2012 erschien ein Rechenschaftsbericht:
    11 cities on 2 wheels for 3 years. The Nordic Cycle Cities Project – Experience and results
    http://www.nordiskecykelbyer.dk/upload/NonPublic/NCB%20Magasin_english%20version.pdf

    Die sind ähnlich vorgegangen wie auch die Stadt Oslo es heute macht:

    1. Eine Basis für das politische Handeln erstellen, sich einen Überblick darüber verschaffen, was Verkehrssituation ist: ‚Bicycle Account‘ bzw ‚Transport Account‘

    „What data is typically included in a bicycle account?

    • Data from survey of travel habits
    • Data from citizen satisfaction surveys concerning attitudes to cycling, obstacles to cycling, and satisfaction with local cycling facilities
    • Road safety data
    • Local traffic count data if possible“

    2. Aus dem account eine bicycle strategy bzw ‚transport strategy‘ erarbeiten

    „What is a bicycle strategy?
    A bicycle strategy aims at focusing, systematizing and prioritizing bicycle transport initiatives. It contains:
    • The municipality’s vision for bicycle transport
    • Prioritized focus areas
    • Concrete, measurable objectives

    3. Bicycle Action Plan bzw ‚transport action plan‘

    „A bicycle action plan formulates the concrete actions that must be implemented in order to achieve the bicycle strategy’s goals and objectives.“

    Die Schwerpunkte sind überall ähnlich:

    “ “Children on bikes”
    was an obvious focus area for Nordic Cycle Cities since unfortunately the trend in all three Nordic countries is that fewer and fewer children are learning how to deal with traffic. This is a major concern since experience shows that good cycling habits developed in childhood continue into adult life.“

    Von Schulradwegen, modernen Abstellanlagen an Schulen, von Radspielplätzen ist bei R2G keine Rede.

    Und:
    „The bicycle commuting potential
    Most of us never question the way we travel to and from work. However, our choice of transport mode significantly affects health, the economy, the environment, road congestion and the family.“

    100 km Radschnellwege sind für Berlin ein Witz. Die Zeit für Prototypen ist längst vorbei.

    Das „Project Nordic Cycle Cities“ kam ohne Druck aus der Bevölkerung zustande. Dennoch kann es in seinen Ansätzen als Blaupause dienen für das fundierte politische Handeln von demokratischen Politprofis, an dem man R2G messen muss.
    Das Projekt stellt das Mindestmaß an angemessenen legislativen, exekutiven und vor allem strukturierten Handeln dar, bedenkt man den im Radentscheid zum Ausdruck gekommenen massenhaften Unmut über die Berliner Verkehrssituation.

  21. reclaim schrieb

    Ich versuche dann fortan mal zu ignorieren. Hoffentlich gelingts mir.

    Ich würde auch ne Taste dafür vorziehen, aber es geht auch so. Wenn mans mal vergisst, erinnert man sich spätestens nach dem ersten Absatz und scrollt weiter.

    berlinradler überlese ich normalerweise nicht, aber beim 3. Sternchenthema sogar das 😉 20 Kommentare… trotzdem war ich also schnell durch.

  22. Inhaltlich muss ich sagen: Die Details sind mir erstmal schnuppe, solange eine deutliche Entwicklung eintritt. Lernen kann man immer. Entscheidend wird sein, ob sich überhaupt in der Realität etwas ändert. Da darf man in Berlin noch etwas länger gespannt bleiben, leider.

  23. @reclaim

    „Aber wenn Du da beim Vorlesen eine Pause machst, schaffst Du dann nicht
    …einen leeren Raum zwischen den Polen
    ? ;)“

    jupp, hab aber nix besseres. bin für vorschläge aber immer total offen – und das ist der spirit, den ich in dieser „pc“-diskussion immer vermisse: wenigstens versuchen, es besser zu machen… scheitern is total normal und ok 😉

  24. „reclaim schrieb

    Ich versuche dann fortan mal zu ignorieren. Hoffentlich gelingts mir.“

    Ich würde auch ne Taste dafür vorziehen,… (@ Michael S.)

    Troll-Ringelpiez (mit Anfassen) nennt man das.

    Ibsen mit ‚Peer Gynt‘, wo im 1. oder 2. Akt Peer die Troll-Königstochter heiraten soll, kann das entschieden besser.
    Wir haben uns das mal mal angesehen, in Vorbereitung auf den ‚Peer Gynt – Weg‘ in Norwegen (den wir dann ausgelassen haben).

    Trotzdem: Eine meiner besten Radtouren ever.

    Ich sach nur: Rallarvegen.
    Wer Radfahren und Natur liebt: Eine wahrhaft transzendente Erfahrung. Wäre ich religiös, würde ich sagen: Eine Offenbarung.

    Oder Oslo: Allein der Bahnhof mit dem Mega-Kunstwerk, das die Fibonacci-Zahlen mit Heisenbergs Unschärferelation verbindet und so subjektive und objektive Bewegung künstlerisch/mathematisch verschränkt – auf eine cool nordische, unprätentiöse, einfach nur schöne und einleuchtende Art und Weise – man sieht: Die können rechnen, die können denken, die können fühlen.
    Man weiß: Die werden Fahrradstadt. Geht gar nicht anders.

    Und hey: Therefore I love trolls! They will ever remind me of Norway.

  25. @Michael S, ich sehe es letztendlich auch so. Es wird derzeit recht aufgeregt über die R2G-Verkehrspolitik diskutiert, ohne dass man weiss, wie diese aussehen wird.

    Die Diskussion wird allerdings dank einiger „Mitstreiter“ wirklich irgendwie langweilung und seltsam hitzig.

  26. Sorry, Mitstreiter*innen. Mein Fehler 🙂

  27. schon ok – hast es ja bemerkt 😉

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