Drei Bürgermeister – zwei Meinungen

Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris am 14. April 2015: „La progression du vélo et le recul de la voiture individuelle thermique feront de Paris une ville plus agréable, plus douce, plus vivante.“ (deutsch: Der Aufschwung des Fahrrads und der Niedergang des Autos machen Paris zu einem schönerem, sichererem und lebenswerterem Ort.) Quelle

Boris Johnson, Bürgermeister von London anlässlich des Baubeginns des Superhighways quer durch London am 10. März 2015: „This is a big day for cycling and for London, the culmination of years of campaigning by cyclists and months of planning by TfL. I know a lot of people thought this would never happen – and a small number of people didn’t want it to happen. But it is happening, and London will be better as a result.“ (deutsch: Das ist ein großer Tag für das Radfahren und für London, es ist das Ergebnis jahrelangen Kampfes der Radfahrer und monatelanger Planung des TfL. Eine Menge Leute dachten, das würde nie passieren und eine kleine Menge hat das sogar erhofft. Aber es passiert und London wird dadurch zu einer besseren Stadt.) Quelle

Michael Müller, Bürgermeister von Berlin am 5. Juni 2014: „Wir werden den alten Fehler einer autogerechten Stadt nicht durch den neuen Fehler einer fahrradgerechten Stadt wiederholen.“ Quelle

34 thoughts on “Drei Bürgermeister – zwei Meinungen

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  1. Köstliche Zusammenstellung. Berlin verliert derzeit wertvolle Jahre …

  2. Das wird in naher Zukunft nix mehr …
    Radfahrer haben nicht die ’notwendige‘ Lobby … leider zum Glück.

    Wer die Parteien bezahlt, bekommt seine Sichtweise durchgesetzt, is so.
    Farbe und und Richtung der Partei ist egal, wer an der Macht ist oder dort hin will, ‚muss‘ sich dem fügen.

    Auf Basis dessen, müsste ich meinen Mageninhalt rekursiv entleeren, mach das nur nicht, weil es schade drum wäre….
    Gebe die Hoffnung zwar nicht auf, wäre dumm, aber das sich in Germanistan der Schwerpunkt weg vom Auto hin zu Alternativen bewegt, zumindest in den Ballungsgebieten, dass glaube ich nicht (mehr).
    Zumindest in der öffentlich dargestellten Meinung, wird alles außer Auto, als temporäres Ereignis dargestellt, und in Folge dessem ignoriert, da irrelevant.

    Schade Berlin, Germanistan – die Chance ist da, es wird nur ignoriert.

  3. Alt-Treptower schreibt:
    Mittwoch, 15.04.2015 um 19:16

    die Chance ist da, es wird nur ignoriert.

    Ignoriert?
    Das wäre ja schon ein Fortschritt.

    Zur Zeit erinnert die Art und Weise, wie man sich um das Rad als Verkehrsmittel „bemüht“ eher an Bekämpfung als an Förderung.

  4. *auaaaaa*

    Das muss doch weh tun. OFFEN zu sagen, eine autogerechte Stadt sei ein Fehler gewesen, dann aber das Fahrrad mit dem Auto gleichzusetzen und zu postulieren eine fahrradgerechte Stadt …. neeee, also sowas muss doch sowas von weh tun. Keine Ahnung weshalb dieser Mensch nicht unter schwersten Schmerzmitteln steht.
    Fazit: Genaaauuuu! Wir machen jetzt einfach weiter mit etwas, von dem wir wissen, daß es ein Fehler war und ist!

    Aber halt! Das isses, er redet im Delirium! *augenverdreh*

  5. Oh man da sieht man wieder einmal wie rückschrittlich manchen Menschen in Führungspositionen noch denken.
    Wie kann man denn ernsthaft ein Auto mit einem Fahrrad vergleichen? Zeugt für mich von kompletter Ignoranz und zum Teil auch Unwissen. Da lobt man doch die Vertreter der Städte Paris und London.

  6. Naja, wenn man es in der Quelle liest, entschärft sich die Aussage des Berliner Bürgermeisters schon einwenig. Außerdem, ruhig Blut, auch in Berlin wird der Bürgermeister vom Volk gewählt. Derzeit ist ein weltweiter Trend zum Fahrrad auszumachen. Paris und London haben da übrigens sogar im Vergleich zu Berlin noch Aufholpotential

  7. Ich vermute mal, die Aussage von dem Michael Müller wird hier missverstanden. Was verbindet er mit dem Begriff einer auto-/fahrradgerechten Stadt? Möglicherweise eben, dass das eine Verkehrsmittel besonders gefördert wird, wohingegen alles Andere vernachläsigt wird. Und genau das will er nicht tun.

    Und wenn das so gemeint ist, finde ich diese Einstellung durchaus richtig, denn man will ja ein möglichst sicheres und respektvolles Miteinander und sich nicht gegenseitig Feinde machen.

    Aber es ist nur eine Vermutung. Ich kenne den Mann nicht. Allerdings hatte ich vor Jahren mal einen Rechtsanwalt mit diesem Namen zu Rate ziehen müssen, und wenn dies der gleiche Michael Müller ist, dann Gute Nacht! (Aber ich denke, der Name wird in Berlin nicht nur einmal vorkommen.)

  8. Bei London sehe ich vor allem Beschwichtigungspolitik, spätestens auf den zweiten Blick völlig absurde Vorschläge und vereinzelte Leuchtturmprojekte in der Planungsphase. Über guten Willen kann man reden, wenn die (in der Quelle gennanten) Planungen und Arbeiten umgesetzt sind und sich nicht vergiftetes Geschenk entpuppt haben.

  9. @kalle, ist das hier nötig den bestimmenden Teil weglassen?

    direkt nach dem zitierten Satz: … sagte Müller weiter. Es soll weiterhin ein Mix aus öffentlichem Nahverkehr, Fuß-, Rad- und motorisiertem Verkehr möglich sein. Überproportional steigen soll dabei allerdings die Infrastruktur für den Radverkehr.

  10. @Hannes

    Es muss deutlich werden, was mit einer Förderung der „Infrastruktur für den Radverkehr“ gemeint ist. Die vorherigen Zeilen lassen das schlimmste befüchten. Wer eine angeblichen Gefahr „einer fahrradgerechten Stadt“ suggeriert, meint eindeutig: die allgenwärtige Dominanz des motorisierten Verkehrs darf allenfalls angekratzt werden.

  11. Hannes zitiert den Müller: „Überproportional steigen soll dabei allerdings die Infrastruktur für den Radverkehr.“

    Aha. *Überproportional* und *soll*. Das ist ein Schwammwort und eine Absichtserklärung. Beides extrem beliebt für Suggestionsspielchen.

    Fakt ist aber doch: Berlin ist pleite. Was sind die aktuellen Meldungen? Einsturzgefahr an gleich 3 Berliner Schulen. Bei Fefe wird die Weltöffentlichkeit dann auf das nette Bild einer Zeitung gestoßen – https://twitter.com/der_ichbins/status/588416908019511296
    Da weiß man, was man hat. Für wirklich lebenswichtiges gibts nicht ansatzweise genug Geld, aber für Brandschutzflüche findet sich immer noch nen Milliönchen hier und nen Milliärdchen dort.

    Aber die Radinfrastruktur soll überproportional gefördert werden. Toll. Wie war das doch kürzlich erst mit diesem „Ich bin der neue Fahrradbeauftragte!“ Senator Dingenskirchenhastenichtgesehen? Man höngt doch Schilder für Radrouten auf. Ja Waaaahnsinn. Und wenn man das auch noch überproportional steigert, dann ist wirklich total viel verändert und verbessert worden.

    Ich geh mal verdauen.

  12. @bruna, das kann ich aus der Quelle so nicht herauslesen. „Fahrradgerecht“ steht deutlich im Bezug zu „Autogerecht“ und dem was damit verbunden wird. Es ist ein kleiner Sieg, dass der Kampfbegriff „Autogerecht“ — so wie wir ihn verstehen — aufgegriffen und benutzt wird. Eine (zugegeben wohlwollende) Übersetzung wäre: „Liebe Autofahrer unter meinen Wähler, ihr müsst keine Angst davor haben, dass ihr durch Radverkehrsförderung so beschissen dastehen werdet, wie es für alle anderen in der autogerechten Stadt bisher war.“

    Klar kann der Bürgermeister auch alles andere gemeint haben; ich kenne ihn nicht. Falls Müller tatsächlich für Radverkehrsförderung eintreten will, erscheint es mir aber plausibel, die lautstark pöbelnden Gegner(*) zu beschwichtigen.

    (*) Autofixierte, die jede Radverkehrsförderung als Wegnahme ihres gottgegebenen Reviers betrachten

    Ich wollte darauf hinaus, dass es unehrlich ist Ansagen von Politikern kommentarlos gegenüber zu stellen, wenn man wichtiges weglässt. Berlin hat einen wesentlich höheren Radverkehrsanteil (0.45 Fahrten je Einwohner und Tag) als Paris und London (beide 0.09 Fahrten je Einwohner und Tag) (Quelle clevere-staedte.de).

    Und ja @bruna, du hast völlig Recht, es müsste gesagt werden, was konkret mit Förderung gemeint ist. Nur so kann man hinterher den Realitaetsabgleich machen.

  13. Konkret: bei mir in Karlshorst werden gerade wieder Staßen neu asphaltiert und beidseitig die KFZ Parkstreifen gepflastert (die vorher asphaltiert waren) – laut Schild ist das ein Radwegeinfrastrukturprojekt vom Senat Berlin…

  14. @ Frank: Welche Straßen genau sollen das sein?

  15. Sind wir denn wirklich über die autogerechte Stadt hinweg? Das denke ich nicht. Auf Hauptstraßen gibt es mehrere Fahrspuren pro Fahrtrichtung, Radfahrer teilen sich entweder die rechte mit Autofahrern oder bekommen einen Weg, der 30-50% der Breite einer Fahrspur und häufig einen rollwiderstandsintensiven Belag hat. Auch die neuen Radwege, aufgepinselt auf die Fahrbahn, sind in den meisten Fällen Makulatur: Nur dort hingemalt, wo die Fahrbahnbreite sowieso schon ausreicht und genau dort aufhörend, wo alles ins Nadelöhr fließt und der Radfahrer den größten Stress erleidet. Egal, wie breit eine Straße ist – der Radfahrer wird immer bedrängt, weil der Großteil der Straße dem Autoverkehr zugeschrieben wird und dieser zu viel Platz braucht.

    Radfahrer sind nicht so wichtig wie Rechtsabbieger. Deshalb gibt es nicht wenige Kreuzungen, an denen die Radwegampel nur halb so lange grün ist wie die Fahrbahnampel.

    Radfahrer sind nicht so wichtig wie parkende Fahrzeuge. Ist die Spur auch noch so eng und sind die Überholprobleme auch noch so groß – Parkplätze für den Radverkehr gibt man nicht auf. Und: Parkplätze sind fast immer asphaltiert, Radwege nicht. Tatsächlich haben auch Neubauradwege oft noch den schlechtesten Untergrund aller Straßenteile.

    Radwegbenutzungspflichten werden bei besonderer Gefahr angeordnet. Z.B. wenn man eigentlich auf der Fahrbahn fahren könnte und das aufgrund eigener Wege auch geradeaus, die Fahrspur aber nur im Sinne der abbiegepflichtigen Autos markiert ist (z.B. Puschkinallee Ecke Elsenstraße).

    Kreuzungsfreie Bauwerke gibt es für Radfahrer nicht oder in einer Anzahl, die an einer Hand abzählbar ist. An so etwas wie eine Stadtautobahn für Radfahrer ist absehbar nicht zu denken, auch nicht in den sogenannten Vorzeigestädten.

    Egal, welchen Verkehrsanteil Radfahrer haben – in der Frankfurter Allee zur Zeit bestimmt 50% – sie bekommen natürlich nur einen Bruchteil der Straße zugewiesen, so dass es wirklich eng und unschön wird.

    Eine Fahrspur hat eine Mindestbreite. Radstreifen haben diese in der Theorie. In der Praxis sieht man auch 50-cm-Radstreifen. Gehwege verjüngen sich mancherorts auf 10 cm, sehr häufig jedenfalls auf ein übertrieben geringes Maß.

    Fahre ich mit meiner Freundin oder mit Freunden, so müssen wir ständig hintereinanderfahren. Bei superbreiten Straßen, aber die werden vom Autoverkehr benötigt. Komfortabel miteinander unterhalten, wie für Autofahrer ganz normal? Nicht möglich. Auch Fußgänger auf übertrieben engen Wegen kennen das – entweder einer läuft auf dem Radweg, oder man muss hintereinander laufen. Die Parkspur nebenan, da kann man sicher sein, ist immer breit genug.

    Vorteile haben Radfahrer tatsächlich an einigen Punkten: Sie dürfen viele Wege benutzen, die für Autos tabu sind. Durch Grünanlagen, oder oft auch nur ein kleiner Durchbruch. Ist das schon die fahrradgerechte Stadt? Etwas mau! Ein Radstreifen als Reaktion auf Radfahrerängste ist KEINE Bevorzugung des Radverkehrs, vielmehr eine Reaktion auf das Überholverhalten von Autofahrern. Wo gibt es also auch nur im Ansatz diese fahrradgerechte Stadt, wer hat je Forderungen erhoben, die eine solche begründen würden?

    Die „Gefahr“ einer fahrradgerechten Stadt hat in Berlin nie bestanden. Eine menschengerechte Stadt würde Straßen so planen, dass sie erstmal sieht, was man für die Fußgänger tun kann – dann die Radfahrer und dann die Autofahrer. Wenn die Breite dafür nicht reicht, würden die erstgenannten nicht so eng zusammengepfercht, dass es gefährlich wird. Man würde den Autoverkehr ausschließen! So weit sind wir heute und sicher auch in 10 Jahren noch nicht.

    Unsere Politik ist still geworden. Wird mal wieder jemand von einem Abbieger totgefahren, hört man aus der Berliner Politik nichts. Man vernimmt einen Herrn Gaebler, der meint, dass Radstreifen jetzt nur noch so gebaut würden, dass es keine Rechtsabbiegeunfälle mehr gäbe – und staunt dann über die flächendeckend vollkommen anders aussehende Realität.

    Wie ich schon sagte, durch politische Einfalls- und Lustlosigkeit verliert man derzeit Jahre, in der man die Stadt so viel lebensfreundlicher gestalten könnte. Aber wer sollte es auch besser machen? Keine Partei ist wirklich kritisch in der derzeit vollkommen überzogenen Nutzung des Autos. Selbst den „Grünen“ fällt als Antwort heute maximal das Elektroauto ein, na danke …

    So, genug gemeckert 🙂

  16. @Michael Sangeallee

  17. Wallensteinstraße wäre ja irgendwie sinnvoller 🙂

  18. Ja, Wallensteinstr. wäre wirklich sehr, sehr sinnvoll – dann wäre die Radstraße entlang der S-Bahn nutzbar (Zobtener Str.)
    So fahr ich weiter geradeaus uber die Brücke zum Blockdammweg…

  19. @ Frank und berlinradler: Ach ja, hab das nur beim Abbiegen von der Brücke auf die Wallensteinstraße registriert, aber die Art des Ausbaus nicht näher gesehen. Die Maßnahme an sich ist schon sinnvoll und gehört in den Zusammenhang mit der neuen Radfahrerrampe am südlichen Ende der Brücke und Erneuerung der Trautenauer Straße. Das ganze läuft unter Anbindung einer Achse von Am Tierpark/Treskowallee in Richtung Radweg R irgendwas durch die Wuhlheide und die Fähre Wilhelmstrand, auch teils als Parallelroute zur Treskowallee*. Diese Art von Baumaßnahmen nutzen natürlich auch dem Autoverkehr, aber man sollte nicht ganz vergessen, dass die meisten Straßenbaumaßnahmen auch ein Pläsier für jeden vehikulären Pedalisten sind.
    Die Wallensteinstraße ist ein mindestens ebenso wichtiges Projekt, Der ADFC Lichtenberg bearbeitet die Bezirkssstellen schon lange und selbst der Bürgerverein Karlshorst hat das schon erkannt und sich dafür stark gemacht. Für den Bezirk ist das Brett aber zu dick und die Einbeziehung als investive Maßnahme wurde gerade von Senatsseite abgelehnt. Das zum Thema, wir wollen ja nun nicht die Fehler der autogerechten Stadt wiederholen.

    https://www.buergerhaushalt-lichtenberg.de/vorschlag/wallensteinstrasse-beste-route-aber-schlechteste-strasse-um-mit-dem-fahrrad-richtung-mitte

    * – übrigens für Interessierte: einmal mittig auf die neue Fußgängerbrücke über die Treskowallee an der S-Karlshorst stellen und nach Norden blicken. Da bekommt man einen schönen Eindruck davon, wie breit eine Straße sein kann, ohne dass angeblich Platz für Radfahrer wäre)

  20. So, genug gemeckert

    Danke, es liest sich doch schneller als dass es sich schreibt. 😉 Ist irgendwie auch kein Meckern, sondern eine Zustandsbeschreibung. Wie ich immer sage: erst wenn diese Politikergeneration der automanen Jahre abgetreten ist kann sich etwas ändern. Leider wird es dann immer noch die passenden Wähler dazu geben, die sich, im Alter unter ihrer Bewegungsarmut erst recht leidend, kollektiv empören werden: Ja, wie sollen wir ohne Auto denn leben? Erbärmlich.

  21. @ Hannes

    Berlin hat einen wesentlich höheren Radverkehrsanteil (0.45 Fahrten je Einwohner und Tag) als Paris und London (beide 0.09 Fahrten je Einwohner und Tag) (Quelle clevere-staedte.de).

    Du darfst aber umgekehrt nicht vergessen, dass die Berliner Seele immer danach lechtzt, endlich Weltmetropole zu sein. Darunter versteht man hier, genauso vielen wahnwitzigen Scheiß zu haben, wie es ihn in den „echten“ Metropolen gibt. Dass haufenweise Leute nach Berlin strömen um diesem selben Scheiß zu entkommen und die echten Metropolen sogar echte spektakuläre Schritte machen, um weniger Scheiße zu sein, hat hier noch keiner mitbekommen.

  22. Wenn ich zur Zobtener Str. will, fahr ich meist Ilsestraße / Hönower Weg. das fährt sich ganz gut, ist aber im Vergleich zur Wallensteinstraße ein ziemlicher Umweg. In der Wallensteinstraße könnte ja schon eine Asphaltierung der Seiten als Minimalvariante ausreichen.

    Und ja, Sangeallee ist natürlich auch sinnvoll – mal sehen, was sich da dann für neue Wege an diesem Wohnungsneubau an der Treskowallee ergeben. Dass sich das Gebiet und seine Wege auch im Sinne der Radfahrer weiterentwickelt, kann man nicht absprechen. Der große Wurf fehlt aber, und auf manche Straßen trauen sich die meisten mit dem Rad nicht rauf.

    Die Kreuzung Sangeallee / Wallensteinstraße könnte man auch mal überarbeiten, dort führen Schulwege entlang.

  23. Müllers Aussage kann natürlich jede Seite für sich deuten. Bei mir kommt an: „Ihr Radfahrer braucht nicht zu hoffen, dass ihr jemals eine Stellung im Straßenverkehr bekommt, die der des Autos heute entpricht. Es wird lediglich vereinzelte und über Jahrzehnte ausgedehnte kosmetische Veränderungen geben“

    Die bzw. meine Wahrheit ist aber, dass man das Autofahren in der Stadt viel unattraktiver machen müsste, wenn man den Radverkehr fördern will: Selbstverständlich Tempo-30 überall, auch auf den Ausfallstraßen; mindestens innerhalb des S-Bahn-Rings pauschale Parkgebühren die sich an London orientieren. Das wären zwei Punkte, die man vergleichsweise „billig“ umsetzen könnte. Hinzu kämen Dinge wie die konsequente Umsetzung einer Ampelschaltung die Radfahrer deutlich bevorzugt usw.

    Wird dies gemacht! Nein
    Gäbe es dafür bei den Berlinern eine deutliche Mehrheit? Mit Sicherheit nein

    Insofern habe ich wenig Hoffnung, dass sich hier etwas verändert.
    Deutsche Politiker verstehen nicht, dass man nicht immer alles haben kann und alle Seiten befriedigen kann. Wenn man dem einen etwas geben will, muss man es woanders nehmen. Es erfordert Rückgrat, das auch so klar zu formulieren. Müller kann es jedenfalls nicht.

  24. @Marcess, bei den Mehrheiten wäre ich mir gar nicht so sicher.

    Frau Künast hat das in Wahlkampfzeiten sehr unglücklich versucht und Tempo 30 zum Reizthema gemacht. Für Tempo 30 auf Ausfallstraßen wird man keine Freunde finden, und wenn man eine polarisierend autofeindliche Politik anbietet, wählt einen keiner.

    Eine Partei der Angebote – die sich also nicht auf den Autoverkehr stürzt, sondern einfach mal konkret und glaubhaft sagt, was sie für den Radverkehr und die Fußgänger tun will – ich denke, die würde durchaus Stimmen bekommen.

    Um nochmal bei den Grünen zu bleiben (eher als Beispiel denn als Hoffnungsträger) – diese hatten bei der letzten Wahl z.B. konkrete Vorschläge für den Straßenbahnausbau gemacht. Ich denke, das ist bei vielen gut angekommen. Eine Partei, deren Fahrradpläne über ein bisschen weiße Straßenmalfarbe hinausgeht, hätte bestimmt ihre Wähler. Problematisch ist zur Zeit der vollkommene Mangel an solchen Parteien.

    Derzeit können wohl nur externe Ereignisse vergleichbar mit der Ölkrise oder Fukushima schnelle Änderungen nach sich führen, politisch wird sich absehbar nicht viel ändern, was die Verkehrsgestaltung angeht. Ich bin nicht mal enttäuscht von Müller (oder Wowi), denn dafür hätte ich Erwartungen haben müssen 😉

  25. deswegen muss man von der anderen seite kommen: konsequente umsetzung von fahrradschnellrouten.

    – echte fahrradstraßen, grüne welle bei 25 km/h, brückenlösungen,
    – 2m breite fahrradwege an hauptstraßen auf kosten einer kfz-spur.
    – echte fahrradwege durch grün- und brachlächen.

    solche routen aus allen richtungen sternförmig ins stadtzentrum. dazu ausbau von querverbindungen, zB auch durch asphaltierte streifen auf kopsteinpflasterstraßen und sinnvolle weiterführung von nebenstrecken mit ampelführung über hauptstraßen.

    verbieten ist „nicht durchsetzbar“. geld verbauen schon eher: das sind schlicht investitionen in die ganz normale infrastruktur einer lebenswerten stadt der zukunft.

  26. „Problematisch ist zur Zeit der vollkommene Mangel an solchen Parteien.“

    weiß ich gar nicht. speziell die berliner grünen verlieren sich halt in dogmatische kämpfe auf schauplätzen, auf die sie am ende wenig einfluss haben. das ist taktisch dumm und wohl nur weltanschaulich begründet. flüchtlinge, mieten, kampf gegen die autobahn an sich, der klimawandel – das beschäftigt die derzeit maßgeblichen personen. dabei vergessen sie leider ir aufgabengebiet: die landes- und bezirkspolitik .

    man stelle sich mal vor: eine koalitionsvereinbarung die zustimmung zur A100 gegen 200 mio. euro für fahrradinfrastruktur in den nächsten fünf jahren. in strenger umsetzung des masterplans. das wäre es doch gewesen. stattdessen gab es fundamentalopposition und GroKo.

  27. @fab, ich kann natürlich nicht allumfassend sagen, was die Parteien so fordern. Von den Grünen höre ich mittlerweile aber eher den Ruf nach dem Elektroauto. Ob das technologisch sinnvoll ist oder nicht, sei mal dahingestellt – nachhaltiger als Ölantrieb ist es sicher. Dennoch ändert die Technologie ja nichts an der Flächenverschwendung und der eingeschränkten Lebensqualität in Städten.

    Auch scheint man mehr auf „Kompromiss“ auszusein, z.B. will man keine Parkplätze opfern, selbst wenn Radfahrer dadurch standardmäßig in Bedrängnis geraten.

    Und das, was Du da z.B. als mögliche Forderung aufschreibst, also A100 gegen echte Investitionen auch in den Fahrradverkehr, fordert nunmal keine Partei. Im Detail würde ich da auch streiten 🙂

  28. das wär ja supre, wenn man nur noch über details sprechen bräuchte. ich glaube, so viel zu streiten wäre da auch wieder nicht aber viel zu bedenken. es geht ja um gute infrastruktur, nichts was es irgendwo in berlin schon ansatzweise gäbe.

    bei den themen grünzüge und prioritäre fahrradstraßen, grünphasen etc. hätte man eh ganz schnell konsens.

    da bleiben als reizthema vor allem die radwege auf hauptstraßen übrig. und die stelle ich mir wenn dann NUR so vor:

    https://departmentfortransport.wordpress.com/2015/01/27/cycleway-design-in-berlin-and-beyond/

    —-

    was die elektroautos betrifft: als car sharing wäre das doch interessant. wenn sich mehrere ein auto teilen, fallen ein paar blechhaufen schon mal weg.

    – ja guten morgen schuppe, alter gutmensch („während die alleinerziehende Mutter, die gestresst von der Kita zum Supermarkt und zurück rast, für den gleichen Parkplatz bezahlen muss, nur weil sie einen Privatwagen fährt, ohne den sie ihre Kinder gar nicht versorgen könnte“

    http://www.bz-berlin.de/berlin/kolumne/warum-duerfen-carsharing-autos-bevorzugt

    auch für die batterie-entwicklung scheint es mir doch sinnvoll, die skalenerträge zu nutzen. das wird eher mit tesla was als mit mifa oder der fahrradmanufaktur. außerdem: autofahren macht ja spaß! also manchen. und das ist ja auch fein, solange das auf der autobahn stattfindet oder dem platten land.

  29. Meinen Detailstreit bezog ich sogar eher auf die A100. Ich wohne ca 4 km entfernt und schätze die Gegend sehr. Rummelsburger Ufer, Treptower Park, Stralau … all dies würde mit einer Stadtautobahn reichlich unattraktiv werden. Die wäre eine große zu schluckende Kröte.

  30. Und beim Carsharing stimme ich zu, das ist die einzig freundliche Möglichkeit einer auch automobilen Zukunft.

  31. Obwohl man bei dem Zitat des Regierenden vielleicht spontan an ein Wort denkt das mit A anfängt und mit -loch aufhört, muß ich doch sagen, wenn ichs mal recht überlege: So schlimm find ich den Satz eigentlich gar nicht. „Fahrradgerechte Stadt“, so wie seinesgleichen das verstehen, würde im Wesentlichen auf mehr Radwege hinauslaufen, und darauf können wir gut verzichten. Pferche, in die das Radvieh aufkonzentriert wird und kümmerlich über handtuchbreite Panzerteststrecken rumpelt. Dabei, Berlin hat ja nun weiß Gott großzügige bemeß’ne Verkehrsflächen! Sie werden aber massenhaft von für Stadtverkehr ungeeigneten Fahrzeugen usurpiert. Es ist ja beliebig gut belegt: Trennverkehr schafft etliche Probleme, löst aber, wenn überhaupt, dann bestenfalls symptomatisch welche. Eine solcherart fahrradfreundliche Stadt würde weitere Entmischung der Verkehre bedeuten, wäre übler als die gegenwärtige. Solch Sophisterei lenkt aber ohnehin bloß wohlfeil vom Kern des Problems ab. Es ist der Territorialterror. Nicht wenige dieser ungeeigneten Fahrzeuge,Kraft der charakterlichen Verderbtheit und des anderweitig anscheinend ausbleibenden Lebensglücks ihrer Benutzer als Persönlichkeitsverlängerung und als Waffe zweckentfremdet, werden fern irgendwelchen Transportnutzens mit großmännischem Getöse und letztlich nur zur Befriedigung des Geschlechtstriebs ihrer Fahrer zu entsprechenden Tageszeiten in entsprechender Manier eifrig hinundherbewegt. Und das ist nur die Spitze des Blechbergs. Würden nur schon einmal die alltäglichen, gewohnheitsmäßigen Straftaten der Damen und Herren Kraftwagenlenker nicht stets mit „ist doch nichts passiert“ abgetan, sondern als das verfolgt was sie nun mal sind, nämlich
    –Nötigung,
    –Gefährdung des Straßenverkehrs,
    –Bedrohung,
    –bedingter Versuch Gefährlicher Körperverletzung,
    –Versuch des Mordes
    (letzterer besonders bei Taxifahrern mit Südosthintergrund beliebt),
    DANN …
    wäre Berlin eine fahrradfreundliche Stadt noch bevor der Hahn dreimal kräht.

  32. Da wir hier damals die Wallensteinstraße diskutiert haben. Interessanterweise hat sich in der Gegend ja viel getan. Wenn man ostwärts fährt, ist die Straße nun über weite Strecken asphaltiert, wenn man westwärts fährt, weiterhin nicht. Die Gehwege haben inzwischen Fahrradfreigabe. Im Verlauf der Straße, früher Hauptstraße, sind nun Rechts-vor-Links-Kreuzungen, wobei mir an der Kreuzung zur Blockdammwegbrücke bisher niemand die Vorfahrt gewährt hat. Die Ehrlichstraße, nicht weit entfernt, ist Tempo 30, was wiederum scheinbar jeder einhält – sie ist jetzt richtig angenehm befahrbahr. Selbst vor Regierungswechseln geschehen manchmal Wunder. Das Tempo 30 hat die Ehrlichstraße vollkommen verändert – ganz ohne irgendwelche Radstreifen oder komplexen Maßnahmen.

  33. Und noch ein Update, falls noch jemand mitliest: Jetzt sind wieder die alten Vorfahrtschilder angeschraubt in der Wallensteinstraße. Schon erstaunlich, was man sich da für Mühe macht – für einige Wochen andere Schilder anschrauben.

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